Souveränität in Gefahr: Die Schattenseiten des Pandemievertrags
Ein neues, supranationales Vertragswerk wird die Bürger in ihren demokratischen Rechten weiter einschränken. Und es gibt der Politik die Möglichkeit, sich ihrer Verantwortung gegenüber den Wählern – zumindest argumentativ – zu entziehen. Nach drei Jahren Verhandlungen soll der neue WHO-Pandemievertrag im Mai 2025 bei der 78. Weltgesundheitsversammlung verabschiedet werden. Offizielles Ziel ist es, Lieferketten für Impfstoffe und Schutzausrüstung zu sichern, Forschung zu teilen und eine internationale Koordination bei zukünftigen Pandemien zu etablieren.
Kritiker sehen darin jedoch nicht nur Chancen, sondern erhebliche Risiken. Juristin Dr. Silvia Behrendt, Gründerin der Organisation Global Health Responsibility, warnt vor einem Paradigmenwechsel im globalen Gesundheitswesen: weg von demokratisch legitimierten Nationalstaaten, hin zu einer zentral gesteuerten Pandemie-Architektur unter dem Dach der WHO – einer Organisation, die mit weitreichenden Immunitäten ausgestattet ist und keiner rechtlichen Kontrolle unterliegt.
Nationale Souveränität unter Druck
Obwohl Artikel 3 des Vertrags die Gesundheits-Souveränität der Staaten betont, sehen Kritiker darin ein Lippenbekenntnis. Es entstehe Druck durch neue Überwachungs- und Finanzierungsgremien. Staaten sollen Milliarden für Pandemieprävention bereitstellen – wer sich verweigert, gerät ins Abseits.
Zudem ist ein Vertragsaustritt erst nach zwei Jahren möglich. Nationale Parlamente verlieren faktisch Mitspracherecht, wenn WHO-Empfehlungen durch Gerichtsurteile und Gesetzesanpassungen zum bindenden Standard werden – wie bereits während der Corona-Pandemie geschehen.
Bürokratie, Immunität und fehlende Kontrolle
Die WHO verfügt als internationale Organisation über umfassende Immunität – sie kann nicht verklagt oder rechtlich belangt werden. Für ein globales System, das tief in nationale Gesundheitsstrategien eingreift, ist das ein gefährliches Demokratiedefizit.
Besonders brisant: Der Vertrag sieht zusätzlich zum bestehenden Regelwerk (Internationale Gesundheitsvorschriften, IHR) neue Strukturen vor – ein „bürokratischer Überbau“, der weder effizient noch demokratisch kontrollierbar ist. Auch die Europäische Union soll über diese Mechanismen Einfluss ausbauen – ohne an nationale oder EU-eigene Rechtsnormen gebunden zu sein.
Meinungslenkung statt Debatte?
Ein weiterer Kritikpunkt: Der Vertrag soll „Vertrauen in WHO-Empfehlungen“ durch verhaltenswissenschaftliche Kommunikationsstrategien wie Nudging und Framing stärken. Das lenkt den offenen, pluralistischen Diskurs, der demokratische Gesellschaften auszeichnet. Offene Kritik an WHO-Richtlinien könnte damit erschwert oder diskreditiert werden – ein Rückschritt für Wissenschaft und Gesellschaft. Die WHO erhält das letzte Wort – nationale Expertenmeinungen geraten ins Hintertreffen.
Die Corona-Pandemie und der Umgang damit, zeigen die Brisanz dieser Regelungen im neuen Vertragswerks. „Framing“ und Nudging“ als Instrumente der öffentlichen Meinungssteuerung waren an der Tagesordnung, ebenso die Diffamierung von Kritikern, bis hin zur straf- und zivilrechtlichen Verfolgung. Eine Aufarbeitung hat bis heute nicht stattgefunden. Von nationaler Seite gibt es keinen „langen Arm“, der bis ins Hauptquartier der WHO reicht – ein demokratisches Manko, das für alle supranationalen Institutionen gilt.
Viele Unklarheiten – großer Handlungsspielraum
Zentrale Vertragsinhalte wie Finanzierung oder das „Pandemic Pathogen Access and Benefit-Sharing“-System sollen erst in Folgeverträgen konkretisiert werden. Staaten stimmen also über ein Rahmenwerk ab, dessen Auswirkungen im Detail noch offen sind. Das macht fundierte Entscheidungen schwer und schafft neue rechtliche Unsicherheiten.
Die WHO …
… verfügt als internationale Organisation über umfassende Immunität – sie kann nicht verklagt oder rechtlich belangt werden.
- Internationale Immunität (Völkerrechtlich gesichert)
Die WHO genießt – wie viele zwischenstaatliche Organisationen – rechtliche Immunität nach internationalem Recht, insbesondere:- Artikel 67 der WHO-Verfassung
- UN Convention on Privileges and Immunities of the Specialized Agencies (1947)
- Diese Immunität schützt:
- Die Organisation selbst
- Ihre Mitarbeiter (bei dienstlichem Handeln)
- Ihre Archive, Räume, Kommunikation etc.
- Keine nationale Gerichtsbarkeit zuständig
- WHO kann in der Regel nicht vor nationalen Gerichten verklagt werden.
- Auch bei groben Fehlentscheidungen (z. B. fehlerhafte Pandemieempfehlung) besteht kein direkter Rechtsweg für Einzelpersonen oder Staaten.
Die Global Health Responsibility Agency (GHRA) …
… ist eine im Februar 2021 gegründete, gemeinnützige Nichtregierungsorganisation mit Sitz in Salzburg, Österreich. Ihr erklärtes Ziel ist es, die rechtlichen Grundlagen der globalen Gesundheitspolitik zu hinterfragen und zu analysieren, insbesondere im Hinblick auf menschenrechtliche und demokratische Aspekte
- Gründerin und Direktorin: Dr. Silvia Behrendt, promovierte Juristin mit Schwerpunkt auf den Internationalen Gesundheitsvorschriften (IHR). Sie war zuvor als juristische Beraterin beim IHR-Sekretariat der WHO tätig.
- Fokus: Die GHRA konzentriert sich auf die kritische Analyse internationaler Gesundheitsabkommen, insbesondere der WHO-Initiativen wie dem geplanten Pandemievertrag und den Änderungen der IHR. Dabei legt sie besonderen Wert auf die Wahrung nationaler Souveränität, Transparenz und die Einhaltung menschenrechtlicher Standards.
- Aktivitäten: Die Organisation beteiligt sich an wissenschaftlichen Publikationen, veranstaltet Workshops und Seminare und engagiert sich in der öffentlichen Diskussion über globale Gesundheitsgovernance.
- Kritische Perspektive: Die GHRA vertritt eine skeptische Haltung gegenüber einer zentralisierten globalen Gesundheitsgovernance, wie sie durch die WHO angestrebt wird. Sie warnt vor möglichen Einschränkungen nationaler Entscheidungsfreiheit und betont die Bedeutung demokratischer Kontrolle.