Spritpreis-Abzocke bringt Pächter auf die Palme
Die stark steigenden Rohstoff- und Benzinpreise bringen jetzt das "System Tankstelle" unter Druck. Denn die Kassierer bekommen den Unmut der Tank-Kunden wegen der horrenden Benzinpreise hautnah zu spüren. Das bringt die Tankstellenbetreiber wiederum selbst "auf die Palme". Sie attackieren die Mineralölkonzerne.
Pächter sind hilflos ausgeliefert
Jetzt prangert sogar der Tankstellen Interessenverband (TIV; Neustadt/Weinstraße) die „Abzocke-Politik“ der Mineralölkonzerne an. Deren Politik gehe voll zu Lasten von Autofahrern und Tankstellenpächtern. Der TIV entlarvt Schwachstellen im "System Tankstelle".
Insbesondere das Ende des Tankrabatts zeige, dass Pächter und Autofahrer den großen Konzernen "hilflos ausgeliefert" sind. Glaube man den Mineralölkonzernen, dann hätten sich die Gestehungskosten mit Logistik- und Raffineriekosten innerhalb von drei Monaten um 12 Cent (7%) erhöht. Angesichts des Wirtschaftsmodells, das mit festen und langfristigen Verträgen arbeitet, sei das unglaubwürdig.
Ende des Tankrabatts zeigt Abzocke
Das Ende des Tankrabatts werfe ein besonderes Schlaglicht auf die Auswüchse. Der Sprit in den Erdtanks unter den bundesdeutschen Tankstellen wurde noch mit dem vollen Tankrabatt eingekauft und wurde - über Nacht - deutlich teurer verkauft. Zu Beginn der Einführung des Tankrabatts folgte die Argumentation der großen Konzerne noch der gleichen Logik - allerdings mit umgekehrtem Effekt. Damals hieß es, das verkaufte Benzin sei noch vor dem Tankrabatt eingekauft worden und müsse noch "teurer abverkauft" werden.
Zudem monieren die Tankstellenbetreiber ihr Entlohnungsmodell. Sie erhalten - völlig unabhängig vom Spritpreis und der Sorte - etwa 1 Cent / Liter. „Wenn der Markt heute über 60 Cent Aufschlage je Liter verkraftet, warum bekommen Tankstellenbetreiber nach wie vor die gleiche Provision?“, klagt der TIV. Die Antwort: Den Konzernzentralen fehle der Wille, seine Vertriebspartner anständig zu bezahlen.
Zoff bei Shell
Die Konzerne wollen das Geschäft vor Ort aber gar nicht selbst betreiben. Ein Grund sind die Tarife für Tankstellenbeschäftigte, die den Gewinne schmälern würden. Stellschrauben sind Pachtkosten und Zuschüsse. Tankstellenpächter sollen zwar „überschaubar verdienen“, tragen aber als selbständige Handelsvertreter wesentliche Geschäftsrisiken. Die Tankstellenpächter würden mit Verträgen sehr eng geführt und quasi geknebelt, so der TIV. Darum fordert der TIV jetzt von der Politik sogar die Einführung einer auskömmlichen Mindestprovision und eine verpflichtende Schiedsstelle, um Streitigkeiten zwischen Gesellschaften und Betreibern versuchsweise schiedlich beizulegen.
Besonders hoch schlagen die Wogen der Empörung bei Shell. Schon im März legten Shell-Pächter der Konzernchefetage persönlich ein 4-seitiges Positionspapier vor. Kritikpunkte: zu wenig Leistung, aber Abkassieren seitens Shell, kaum Unterstützung und Wertschätzung, mangelhafter Workflow, hohe Nebenkosten, zu geringe Provisionen angesichts explodierender Energiekosten, „drohender“ Mindestlohn, rechtliche Risiken (vor allem bei Leasing). Erst im August kündigte Shell an, alle Nebenkosten und mehrere Risiken im Shop- und Waschgeschäft zu übernehmen sowie Anerkennungspauschalen zu zahlen. Der neue Shell-Vertrag soll zum Jahresende kommen, die Partner fordern aber schon jetzt Lösungen. Der Verband spricht aber von Hinhaltetaktik und „Aufstand von nahezu 200 Pächtern“.