Staatliche Rückversicherung für Pandemie-Schäden rückt näher
In Großbritannien rückt eine staatliche Rückversicherung gegen Epidemien näher. Gefordert wird sie im Gefolge der Coronavirus-Epidemie seit etwa einem halben Jahr durch zahlreiche britische Versicherer. Sie vertreten die Auffassung, dass die Kosten einer Pandemie die finanziellen Möglichkeiten der Versicherungswirtschaft übersteigen können. Die Versicherer denken dabei an die staatliche Rückversicherung für Großschäden als Notfall-Lösung für künftige Epidemien (FUCHSBRIEFE von 15.6.).
Die Regierung in London hat deshalb eine Analyse eingeleitet. Durchgeführt wird sie von Pool Re, dem staatlichen Rückversicherer für Terrorismus-Schäden. Die Fragen lauten: Funktioniert das Pool Re Modell insgesamt befriedigend? Und könnte Pool Re auch das Pandemie-Risiko rückversichern oder müsste dazu eine gesonderte, spezielle Rückversicherung eingerichtet werden? Die britische Regierung will die “Mengen- und Preisrisiken” derartiger spezieller Rückversicherungen besser erfassen können; man wolle die Steuerzahler finanziell nicht zu sehr belasten.
Staatliche Rückversicherung gegen Terroranschläge
Pool Re wurde vor 30 Jahre auf dem Höhepunkt schwerer Terroranschläge der IRA gegründet. Pool Re übernimmt die Regulierung größerer Schäden und erhält dafür von der britischen Versicherungswirtschaft eine pauschale Jahresprämie von im Jahre 2019 rund 236 Mio. Pfund. Pool Re verfügt heute über Kapitalreserven im Volumen von reichlich 6 Mrd. Pfund (6,6 Mrd. EUR). In den zurückliegenden fünf Jahren hat Pool Re insgesamt nur knapp 10 Mio. Pfund für größere Terrorismus-Schäden auszahlen müssen. Die Zahl der Anschläge steigt zwar kontinuierlich an. Aber fast ausnahmslos handelt es sich dabei um Anschläge mit geringem finanziellen Schaden.
Der CEO von Pool Re, Julian Enoizi, ist überzeugt davon, dass für künftige Epidemien eine Versicherungslösung gefunden werden müsse. Ihm schwebt vor, die staatliche Rückversicherung durch Pool Re für die Zukunft nur auf zwei Gebiete zu konzentrieren: Cyber-Grossschäden und schwere radioaktive Anschläge.
Fazit: Versicherer wie Versicherte müssen sich als Folge von COVID-19 auf neue Absicherungsmodelle einstellen. Der betriebliche Schutz gegen die Folgen von Pandemien wird sich auf jeden Fall ändern müssen, da die Versicherer sich nach den Erfahrungen von COVID-19 nicht in der Lage sehen, alle Risiken selbst abzudecken.
Hinweis: Auch in anderen EU Ländern, darunter Deutschland, wird darüber nachgedacht, ob es für Pandemien neue Rückversicherungslösungen geben sollte. Meist läuft die Diskussion auf eine Staatsbeteiligung an der Rückversicherung hinaus.