Taiwan fürchtet chinesischen Angriff
Der skandalöse Rückzug der Amerikaner aus Afghanistan destabilisiert die gesamte Region massiv. Nun zittert vor allem Taiwan. Der Grund: Die nationalchinesische Inselrepublik hängt direkt am militärischen Tropf der Vereinigten Staaten. Dies sowohl außenpolitisch als auch vor allem über umfangreiche regelmässige Waffenlieferungen. China hat schon häufig mit der Eingliederung des selbständigen Taiwan gedroht – war aber bisher immer vor einer Auseinandersetzung mit den Amerikanern zurückgeschreckt. Das, so fürchten Taipeh, hat sich nun geändert.
Zwar hat Taiwan modern ausgerüstete, gut geschulte Streitkräfte. Käme es aber zu einer kriegerischen Auseinandersetzungen mit der Volksrepublik China, so wäre der Inselstaat angesichts der deutlichen chinesischen militärischen Übermacht höchstens für Tage überlebensfähig.
Fassungslosigkeit über US-Rückzug
Washington hat nie eigene Soldaten in Taiwan stationiert. Zwar wurde für den Ernstfall immer wieder Hilfe versprochen. Aber auch die USA könnten Taiwan nicht helfen oder halten, wenn es zu einer heißen kriegerischen Auseinandersetzung käme.
Taiwan war bereits fassungslos, als die Amerikaner Vietnam aufgaben. Was sich nun aber in Afghanistan abgespielt hat und in Kabul noch weiter abspielt, ist für Taiwan ein Schocker ohnegleichen.
Geringe wirtschaftliche Konsequenzen
In Taipeh wird nicht ausgeschlossen, dass alles sehr schnell geschehen könnte. Etwa zeitgleich mit einer Eskalation zwischen den USA und Iran. China könnte diese rasch für einen Angriff auf Taiwan nutzen, so die Befürchtung in Taipeh. Die jüngeren Umstrukturierungen haben die Schlagkraft des chinesischen Miltärs beträchtlich erhöht. Das gilt nicht nur für eine Landung in Taiwan, sondern auch für die Bekämpfung amerikanischer (und eventuell auch japanischer) Flottenverbände im Pazifik.
Wirtschaftlich ist zur Zeit mit keinen unmittelbaren Konsequenzen zu rechnen. Die taiwanesische Industrie ist fest auf das chinesische Festland abgestützt. Unzählige Produkte, die aus China kommen – beispielsweise von Apple – sind dort in taiwanesischen Werken produziert worden.
Industriemacht Chinas würde weiter gestärkt
Würde China die Insel attackieren, blieben die großen Produktionsanlagen unbehelligt – in chinesischer Hand. Damit wären europäische Unternhmen, die von Taiwan sehr viel beziehen, nur temporär unmittelbar durch kriegerische Auseinandersetzungen berührt.
Ein Fall Taiwans würde aber die chinesische Industriemacht erheblich stärken. Denn dann könnten die taiwanesischen Werke auf dem chinesischen Festland so eingesetzt werden, wie es der politischen Führung in Peking gefällt. Das könnte schnell zu höheren Preisen und Lieferverzögerungen aus China führen. Zudem: Käme es zu schärferen Spannungen zwischen China und Taiwan, dann würde das sofort den Containerverkehr von China nach Europa ernsthaft stören.
Fazit: Die politische Unruhe in Ostasien wird auf jeden Fall zunehmen.