EU: Brexit-Verhandlungen kompliziert
Die von der deutschen Wirtschaft erhofften „angenehmen“ Brexit-Verhandlungen wird es nicht geben. Dafür ist die EU zu sehr gespalten.
Die Arbeitnehmerfreizügigkeit wird zum Knackpunkt der Brexit-Verhandlungen. Sie wird verhindern, dass die Konsultationen von EU-Seite mit einer größeren Kompromissbereitschaft gegenüber den Briten geführt werden. Es formieren sich bereits Allianzen der Ablehnung innerhalb der EU. Polen verteidigt eisenhart die Arbeitsplätze seiner etwa 1 Mio. in Großbritannien arbeitenden Bürger. Deren Überweisungen nach Hause sind unverzichtbar. Erste Sondierungen von Ministerpräsidentin Beata Szydlo mit der britischen Premierministerin Theresa May in London brachten keinen Durchbruch. Schweden beharrt aus grundsätzlichen Erwägungen auf der Arbeitnehmerfreizügigkeit. Beschränkungen für EU-Bürger soll es nicht geben dürfen. Stockholm sucht dazu den Schulterschluss mit den Visegrad-Staaten. Staaten wie Rumänien oder Bulgarien haben ein indirektes Druckmittel: ihr Arbeitskräftepotenzial auf der Insel. Macht Großbritannien die Grenzen dicht, kommen hunderttausende Bulgaren, Rumänen, Ungarn oder Tschechen zurück auf den Kontinent – und suchen Arbeit vor allem außerhalb ihrer Heimatstaaten. Namentlich Deutschland würde dies zu spüren bekommen. Dabei geht es nur in kleineren Größenordnungen um heiß begehrte Fachkräfte wie Ärzte. Vielfach sind es Minderqualifizierte, die den Deutschen und den Flüchtlingen hier Konkurrenz machen würden. Frankreich will grundsätzlich „harte“ Verhandlungen. Dies gilt nicht nur für eine mögliche Präsidentin Marine Le Pen; es gilt für das gesamte Establishment der Grande Nation.
Fazit: Die Verhandlungen werden für die Wirtschaft nur dann zu erträglichen Ergebnissen führen, wenn London deutlich zurückweicht.