Orientierungsphase nach dem Brexit-Gewitter
Nach dem Brexit-Votum setzt sich die Hängepartie an den Börsen fort. Aus den USA hört man Überraschendes.
An den Börsen glätten sich nach dem Brexit-Referendum die hohen Wogen. Die Märkte beruhigen sich allmählich. Der Dow Jones hat sich von seinem Rutsch auf 17.000 Punkte (200-Tage-Linie) erholt. Auch die Londoner Börse berappelt sich zunächst wieder. Die Renditen der deutschen Staatsanleihen sind im Selloff bis auf -0,20% abgesunken. Inzwischen haben sie sich zunächst bei -0,11% gefangen. Die Marktteilnehmer sind nun auf der Suche nach Orientierung. Vor allem die institutionellen Investoren versuchen nach der Überraschung, mit einer möglichst präzisen Folgenabschätzung die mittel- und langfristigen Konsequenzen des Brexit auszuloten. Das wird durch das politische Hickhack in Großbritannien erschwert. So gibt es nicht wenige Händler, die darüber spekulieren, wie möglicherweise der Exit vom Brexit gelingen könnte. Diese Unsicherheiten über den politischen Weg werden noch einige Zeit auf den Märkten lasten. Die Schätzungen, welche wirtschaftlichen Folgen der Brexit haben wird, sind negativ. Das Investmenthaus Goldman Sachs erwartet für die Insel eine leichte Rezession bis Anfang 2017. Die Bremswirkung dürfte auch auf die EU und die USA ausstrahlen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) geht dem Vernehmen nach davon aus, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt im nächsten Jahr um 0,5 Prozentpunkte niedriger ausfallen wird als bisher gedacht. Damit läge das Plus dann bei gut 1%. Die veränderten Konjunkturaussichten werden erst allmählich in die Börsenkurse eingearbeitet. Da sich die Aussichten leicht eintrüben, dürften sich die Investoren mit neuen Käufen zurückhalten. Strategisch drängen sie sich jedenfalls nicht gerade auf. Demgegenüber steht vor dem Hintergrund der anhaltenden Geldschwemme durch die Notenbanken weiterhin die „Alternativlosigkeit“ von Aktienkäufen. Daher lassen uns die Töne aufhorchen, die wir aus den USA vernehmen. Dort hat sich die Mehrheit der Marktbeobachter inzwischen klar von der Erwartung steigender Zinsen verabschiedet. Daraus wird dieses Jahr wohl nichts mehr. Vielmehr gibt es sogar erste Stimmen, die laut über neue Zinssenkungen nachdenken. Ob das für neue Kurshöhepunkte im Dow Jones reichen wird, wagen wir zunächst noch zu bezweifeln. Der US-Markt ist bereits teuer und von hohen Käufen auf Kredit angeschoben. Hier entsteht eher Enttäuschungspotenzial, falls sich die US-Notenbank Fed lange nicht bewegt. Einen neuen Trend haben die Aktienmärkte darum bisher nicht eingeschlagen. Der DAX war zwar kurz aus seinem Seitwärtsband (9.500 bis 10.500 Punkte) ausgebrochen. Binnen kurzer Zeit ist er aber auch wieder in diese Zone zurückgekehrt. So dürfte es weitergehen. Denn für neue Kurshochs reicht die Anzahl der guten Nachrichten noch nicht aus. Größere Unsicherheiten bleiben bestehen. Kurs-Ausrutscher nach unten werden aber eben auch mit billigem Geld sofort eingesammelt.
Fazit: Wir erwarten eine fortgesetzte Hängepartie. Die DAX-Range liegt zwischen 9.300 und 10.500 Punkten. Das ist ein Handlungsraum für Trader. Strategen können nur warten, höchstens am unteren Ende der Bandbreite kaufen.