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Vermögensstrategie

Realistische Renditeerwartung

Die derzeitige Niedrigzinspolitik hat einen weiteren unerwünschten Effekt: Sie kann gewachsenes Vertrauen zwischen Anleger und Berater nachhaltig erschüttern.
„Ich möchte 4% Rendite erzielen!“ Banken und Vermögensverwalter sind geneigt, solchen Erwartungen nicht energisch genug zu widersprechen. Die voraussichtliche Folge: Enttäuschung.

Ein Fall aus der Praxis

Hermann Schekkus, Unternehmer im Ruhestand, bezieht seine Altersversorgung aus einer kleinen Rente und einem Wertpapierdepot. Seine Regionalbank baute ihm 2008 ein Depot mit mittel- bis langlaufenden Staats- und Unternehmensanleihen zusammen. Pfandbriefe waren ebenso dabei. Hinzu kam eine kleine Aktienquote mit einigen deutschen Aktienwerten, denn der Ingenieur wollte möglichst wenig Risiken eingehen. Die – sehr fundierte und sichere – Renditeprognose für den Anleihenbestand damals: 4,6% vor Steuern. Das war passend für seine Altersversorgung. Die Anleihen werden nach der langen Laufzeit jetzt und in den nächsten Monaten fällig. Dass die Zinsen gesunken sind, weiß der Unternehmer. Aber 4% Rendite sollten es auch zukünftig sein. Der Berater versucht ihm zu erläutern, dass er 4% derzeit nicht erreichen kann. Mit mehr Aktien im Depot wären vielleicht 3% pro Jahr möglich. Da Hermann Schekkus seinem langjährigen Begleiter vertraut, erhält er nun ein Depot mit 30% Aktien und 70% Rentenfonds. Einzelanleihen will der Berater diesmal nicht ins Depot nehmen. Denn bei Anleihen sei heute „aktives Management“ notwendig.

Feiger Rat tut nicht gut

Die Folge des Rates: Die tadellose Kundenbeziehung gerät in eine kritische Phase. Denn Schekkus wird höchstwahrscheinlich sehr enttäuscht werden. Viele Berater trauen sich nicht, die Wahrheit zu sagen, wenn es um Renditeerwartungen geht. Entweder schweigen sie oder sie bleiben in ihren Aussagen sehr vage. Was ist heute eine realistische Renditeerwartung für ein Portfolio? Oder anders formuliert: Wie hoch muss der Aktienanteil sein, um eine langfristige Rendite von 4% vor Steuern und Kosten erwarten zu können? Die Basis für die Antwort liefert die Wissenschaft. Die erwartbare Rendite ist – vereinfacht formuliert – die Addition von risikolosem Zins und Risikoprämie für ein übernommenes Marktrisiko. Als risikoloser Zins können die 5-jährigen Bundesanleihen herangezogen werden. Deren Rendite ist derzeit mit -0,35% p. a. negativ. Nimmt man einen „Korb“ von inländischen Anleihen, deren Ertragserwartung durch die sog. Umlaufrendite jeden Tag kommuniziert wird, beträgt der (nicht ganz risikolose) Zins unter 0,1%. Anders formuliert: Wo der Unternehmer vor acht Jahren 4,6% erhalten hat, bekommt er heute nichts. Bei seinem Bankvorschlag darf Schekkus nur aus seiner Aktienanlage Rendite erwarten. Das Problem ist der Rentenfonds. Der Vorschlag des Bankberaters, Fonds zu wählen, reduziert die Renditeerwartung um 0,5% bis 1,0%. Das wird aktives Management kaum erwirtschaften können. Sinnvoller wäre es, trotz niedriger Zinsen 8- bis 10-jährige-Unternehmensanleihen mit halbwegs guter Bonität (AA / A) ins Depot zu nehmen. Dann könnte er derzeit 1,0% p. a. erzielen. Die Risikoprämie für das Aktienmarkt-Risiko kann langfristig mit 5% p. a. angesetzt werden. Die nachfolgende Tabelle zeigt die für Hermann Schekkus realistischen Renditeerwartungen vor Steuern und Kosten. Die von der Bank genannte Renditeerwartung von 3% ist deutlich zu hoch. 4% sind möglich, wenn 75% Aktien im Depot sind.
Renditeerwartungen für Herrn Schekkus*
Aktienquote (%)1030507090
vor Kosten und Steuern1,402,203,003,804,60
vor Kosten nach Steuern1,031,612,202,783,37
* Anleiheportfolio: 1% Unternehmensanleihen, lange Laufzeiten, gute Bonität;
  Aktien: 5% “Risikoprämie für den Aktienmarkt”
Und je höher die Aktienquote, desto höher das Risiko. Auch bei Anleihen steigt das „Stresspotenzial“. 10% Kursverlust sind bei einem Zinsanstieg von 1% realistisch. Das Depot geht dann also in die Knie. Das muss Herr Schekkus aushalten können, denn in den letzten Jahren kannte er solche Probleme nicht. Und: Er wird regelmäßig Teile seiner Aktien (oder Aktienfonds) verkaufen müssen, um die Differenz aus den Zinsen und seinen Entnahmewünschen zu finanzieren.

Fazit: Die Niedrigzinspolitik bedeutet für Anleger eine neue Realität. Wer glaubt, bisherige Renditeerwartungen in die Zukunft fortschreiben zu können, wird enttäuscht werden – auch von seinem Berater und Vermögensverwalter.

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