Wahl in Holland: Euphorische Fehlurteile
Mark Rutte hat in den Niederlanden die Parlamentswahl gewonnen. Für viele Beobachter kam das überraschend. Nicht für uns.
Die Öffentlichkeit macht es sich mit der euphorischen Bewertung des Wahlsiegs Mark Ruttes und der VVD in den Niederlanden zu leicht. Richtig ist, dass die Holländer damit ein Bekenntnis für einen Verbleib in der EU abgegeben haben. Der Rechte Geert Wilders hatte dies infrage gestellt. In diesem Punkt hat Rutte einen klaren Gegenstandpunkt vertreten. In wirtschaftspolitischen Fragen wiederum sind sich Ruttes VVD und Wilders PVV nicht unähnlich. Jedoch: In Sachen Zuwandererpolitik hat Rutte nicht deshalb gepunktet, weil er dagegengehalten hat, sondern weil er mitgehalten hat. Er hat dem parteipolitischen „Establishment“ Luft verschafft, indem er bei diesem zentralen Thema zuletzt ganz nahe an den „Populisten“ Wilders herangerückt ist. Noch kurz vor dem Wahltag schrieb er einen öffentlichen Brief, der in allen Zeitungen der Niederlande groß abgedruckt wurde. Darin fordert Rutte alle Zuwanderer auf: Benehmt euch in diesem Land, oder geht wieder. Nun wollen die Niederländer sehen, dass er es mit diesem Spruch ernst meint. Denn Probleme mit Zuwanderern gibt es in den Niederlanden reichlich. Niemand spielt gerne mit den Schmuddelkindern. Dann setzt der Wähler – nicht nur in Holland – lieber darauf, dass die etablierten Parteien Probleme anerkennen und lösen. Nur: Machen müssen Sie’s. Daran wird auch Rutte in der neuen Legislaturperiode gemessen werden. Das wird für ihn nicht einfach. Auch die holländische Gesellschaft ist in der Zuwandererfrage gespalten. Das zeigen nicht zuletzt die kräftigen Stimmengewinne der Grünen, die sogar eine Ausweitung der Zuwanderung propagieren, und dem Aufkommen der Zuwandererpartei DENK, die immerhin 2% der Stimmen geholt hat.
Fazit: Politisch befriedet ist Holland mit Ruttes Wahlsieg noch lange nicht. Und den Wahlausgang als Sieg des Anti-Populismus zu feiern, ist nun wirklich postfaktisch, meint Ihr Ralf Vielhaber