Umsteuern auf erneuerbare Energien beginnt
Die Fossilkonzerne und ehemaligen Dickschiffe der Aktienindizes machen ernst. Sie nehmen den ökologischen Umbau in die Hände. Mit einer Investition in die grüne Wasserstofferzeugung unterstreicht BP den geplanten Schwenk hin zu erneuerbaren Energien.
In der Raffinerie Lingen im Emsland wird der Mineralölkonzern ab 2024 eine 50 MW Wasserstoff-Elektrolyseanlage in Betrieb nehmen. Damit kann in einer Stunde etwa eine Tonne Wasserstoff produziert werden. Den Windstrom zum Anlagenbetrieb wird der dänische Energieerzeuger Örsted liefern. Die Anlage soll in einer zweiten Phase auf 150 MW ausgebaut werden, in einer dritten auf 500 MW.
Investitionen in erneuerbare Energien gesteigert, während Gesamtinvestitionen sinken
Schon vor einigen Wochen kaufte BP Anteile an Windparks vor der US-Küste. Dafür investierte der Konzern 1,1 Mrd. USD. Bis 2030 will BP eine Erzeugungskapazität von 50 GW erneuerbarer Energie aufbauen. Zum Vergleich: RWE verfügt aktuell als größter deutscher Erzeuger bei erneuerbaren Energien nur über Kapazitäten von 9 GW (Gesamtkapazität des RWE: 42 GW).
Während die Investitionen in die Erneuerbaren stiegen, wurden die Gesamtinvestitionen des BP-Konzerns 2020 um 25% auf 12 Mrd. USD gekürzt. Die Investitionen in Erneuerbare sollen stetig steigen und ab 2030 fünf Milliarden USD im Jahr betragen.
BP rechnet mit Stagnation bei Kraftstoffen
BP rechnet nun damit, dass der weltweite Erdölkonsum selbst ohne weitere Klimamaßnahmen weitgehend stagniert. Ab 2035 soll er dann zu schrumpfen beginnen. Bisher gingen die großen Ölkonzerne davon aus, das Geschäft mit Benzin und anderen Kraftstoffen werde bis mindestens 2040 wachsen. Neben dem Weiter-wie-bisher-Szenario bietet BP noch die Szenarien „Rapid“ mit einem schnellen Übergang zu erneuerbaren Energien (getrieben von einem CO2-Preis von 250 USD im Jahr 2050) und „Net Zero“. Dabei werden die Emissionen bis 2050 sogar um 95% gesenkt, weil auch Haushalte und Unternehmen sich klimaschonender verhalten.
Bisher wurden die Szenarien der Ölkonzerne beim Anteil der Erneuerbaren am Energiemix immer von der Realität übertroffen. Das hat BP nun in die Betrachtung mit einbezogen.
Andere Ölkonzerne sind vorsichtiger
Die anderen Ölkonzerne sind zurückhaltender. Auch Shell investiert in Offshore-Wind und Wasserstoff. Aber in geringerem Maß. In der Raffinerie Wesseling ist ein ähnliches Wasserstoff-Projekt geplant wie bei BP in Lingen. Er ist mit 10 MW aber um einiges kleiner. Windparks vor der niederländischen und der US-Küste sind im Bau.
Andere Ölkonzerne wie Total wollen zumindest den eigenen Energieverbrauch bis 2050 mit erneuerbaren Energien decken. Hat BP mit der Vorhersage recht, dass im Kraftstoffbereich kein Wachstum mehr möglich ist, werden die anderen Konzerne aber nachziehen müssen.
Fazit: Lange war Shell Vorreiter bei Investitionen in erneuerbare Energien. Nun liegt BP vorne. Als erster Ölkonzern gibt das Unternehmen das Ziel aus, sein Energieportfolio breiter aufzustellen. Denn es sieht keine Wachstumschancen im alten Geschäftsmodell.