Und raus bist du
Der jüngste Finanzskandal im Vatikan um den Peterspfennig wirft ein Schlaglicht auf den Einfluss supranationaler Institutionen. Sie höhlen zunehmend die Souveränität der Nationalstaaten aus. Im Vatikan überwacht die Finanzinformationsbehörde AIF die Finanzgeschäfte des Heiligen Stuhls und prüft, ob sie den internationalen Richtlinien über die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung entsprechen.
Im Oktober 2019 rückte das Gendarmeriekorps des Vatikans in die Büroräume der AIF ein. Sie beschlagnahmte Computer und Dokumente. Der Vorwurf: Die AIF habe Missbräuche beim Peterspfennig nicht verfolgt. So seien 200 Mio. Dollar in eine Luxusimmobilie in London investiert worden. AIF-Direktor Tommaso Di Ruzza wurde entlassen. Dazu muss man wissen: Die AIF wurde 2010 von Papst Benedikt XVI. auf Druck der EU gegründet.
Als Bestrafung vom Informationsfluss abgenabelt
Umgehend schloß die Egmont Group of Financial Intelligence Units die AIF und damit den Vatikan aus ihrer Vereinigung aus. Die Begründung: Bei der Hausdurchsuchung der AIF sei es zu einer „Weitergabe von vertraulichen Informationen“ gekommen. Die Egmont Group betrachtet also die Ermittlung des Innenministeriums eines ihrer Mitgliedsländer bei einer ihrer Mitgliedsorganisationen als unzulässigen Eingriff – und bestraft dies mit dem Ausschluss des Landes von allen relevanten Informationen.
Die Egmont Group ist eine Art internationaler Dachverband der Finanzaufsichtsbehörden. Deutschland ist darin beispielsweise mit dem Zollkriminalamt vertreten. Die internationale Vernetzung ist für die nationalen Ermittler wichtig. Allerdings setzt die Egmont Group jährlich ihre eigenständige Agenda. Sie entwickelt eigene Gefährdungsbewertungen, ganz ohne demokratische Kontrolle.
Missachtung nationaler Behörden
Die Reaktion auf die AIF zeigt das Herrschaftsverständnis der Egmont Group. Nationale Behörden haben sich nicht in die inneren Angelegenheiten der Egmont Group Mitglieder einzumischen.
Das erinnert an den Rauswurf des österreichischen Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) aus dem sogenannten Berner Club. Hierbei handelt es sich um eine überstaatliche Vereinigung der Inlandsgeheimdienste der 28 EU-Mitgliedsstaaten sowie der Schweiz und Norwegens. 2018 hatte die Wiener Korruptionsstaatsanwaltschaft mit richterlicher Genehmigung das BVT durchsucht und Dokumente beschlagnahmt. Weil damals vertrauliche Unterlagen an „Unbefugte“, gemeint ist die Wiener Staatsanwaltschaft, gelangt seien, wurde Österreich vom Berner Club suspendiert.
Information als mächtiger Hebel
Die EU-Geheimdienste wollen sich offenbar nicht von nationalen Behörden kontrollieren lassen. Bei Zuwiderhandeln wird sofort der Informationsfluss gekappt. Im Zeitalter des globalen Terrorismus ist das eine harte Strafe. Die Staaten unterwerfen sich deshalb lieber den supranationalen Institutionen, deren Prioritäten von starken internen Playern gesetzt werden. Das geschieht völlig intransparent und ohne Kontrolle.
Fazit: Die Globalisierung macht internationale Zusammenschlüsse nötig. Die Institutionen entwickeln aber einen autonomen Machtanspruch und entziehen sich der nationalen, demokratischen Kontrolle.