Verlängert Russland den Getreide-Deal nochmal?
Die Lage auf dem Weizenmarkt wird weiter von politischen Schlagzeilen bestimmt. Der russische Außenminister Sergej Lawrow drohte am vergangenen Freitag damit, dass Russland aus dem Getreideabkommen mit der Ukraine austreten werde, sollte den Forderungen nach einer Erleichterung der russischen Agrarausfuhren nicht nachgekommen werden.
Russland wird die Entwicklung des Weizen-Preises vermutlich deutlich beeinflussen. Zwar könnten die jüngsten Äußerungen Lawrows lediglich verbales Säbelrasseln sein. Die russische Seite hat immerhin bereits zweimal einer Verlängerung des Abkommens zugestimmt. Allerdings hat Russland jedes Mal beklagt, dass die Absprachen des Getreide-Deals für die russische Seite nicht eingehalten, sondern durch die westlichen Sanktionen ausgebremst werden. Die russische Akzeptanz dieser Asymmetrie könnte endlich sein.
Verlängert Russland den Getreide-Deal nochmal?
Es könnte sein, dass der Weizenmarkt das Risiko eines Scheiterns der Gespräche unterschätzt. Wie wichtig der See-Korridor für die ukrainischen Getreideausfuhren ist, zeigt sich an den Problemen der Getreide-Exporte auf dem Landweg. Nachbarländer wie Polen und Bulgarien wurden aufgrund der Aufhebung von Importbegrenzungen von ukrainischem Getreide regelrecht „überschwemmt“. Das hat die lokalen Preise und somit die Gewinnmargen der heimischen Landwirte deutlich gedrückt und massiven Widerstand ausgelöst. Die polnische Regierung hat nun sogar einen temporären Importstopp verhängt. Diesem Beispiel könnten auch andere Länder folgen – das kurzfristig verfügbare Weizenangebot könnte sich dadurch verknappen.
Der Weizenpreis arbeitet indes weiter an einer Bodenbildung. Seit Mitte März schwanken die Getreidenotierungen in einer engen Spanne zwischen rund 650 und 700 US-Cent je Scheffel. Wir sehen auf diesem Kursniveau mehr Aufwärtschancen als weitere Abwärtsrisiken.