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Friedenshoffnungen treiben an

Bremswirkungen der Sanktionen werden übersehen

Zwischen Russland und der Ukraine verläuft durch den Krieg ein tiefer Graben. © Negro Elkha / stock.adobe.com
Der DAX erholt sich mit einer historischen Bewegung. Aber Vorsicht: Es ist zu früh, jetzt schon wieder euphorisch zu werden und auf den Frieden zu setzen. Denn selbst, wenn der schon bald wieder erreicht würde, werden die Sanktionen noch viel länger bestehen bleiben. Das bremst die Wirtschaft, treibt die Preise und die Notenbank wird kein Retter sein. Das wird die Börse nicht ausblenden.
Die Börsen - speziell in Europa - schwingen mit den Kriegsmeldungen mit. Im Zuge der Eskalation und des kontinuierlichen Vorrückens russischer Truppen in der Ukraine ist der DAX bis unter 12.500 Zähler abgetaucht. Auf diesem Niveau gab es zunächst einen Wendepunkt. Parallel zur Meldung, dass sich erstmals ranghohe Verhandlungsteilnehmer in Ankara (Türkei) zu Friedensgesprächen treffen, ist der DAX gestern (Mittwoch) um stattliche 8% in die Höhe geschossen.

Der DAX-Sprung vom Mittwoch zeigt: Die Friedenshoffnungen sind groß. Und es gibt noch viel billiges Geld, das in die Aktienmärkte fließen will. Denn die Zinsseite ist (noch) keine Alternative. In der aktuellen Situation ist die Gier der Anleger gering und die Furcht groß. Darum kann es nach dem tiefen Fall von 16.400 Zählern auch mal eine starke Gegenbewegung geben. Das war immerhin ein Absturz von fast 25% in wenigen Wochen. 

Kurzfristig noch Erholungspotenzial

Das grundsätzliche Potenzial für weitere Käufe ist groß. Denn die Fonds haben in den vergangenen beiden Monaten ihre Kassenquote deutlich von 3,2 auf 5,4% hochgefahren. Das bestätigt unser Bild der vergangenen Wochen, dass sich das smarte Geld zurückgezogen hatte, Privatanleger aber schon auf der Käuferseite standen. Das smarte Geld wird erst wieder in den Markt kommen, wenn es eine klare Friedensperspektive gibt und wenn absehbar ist, welche Langfristwirkungen die zahlreichen weitreichenden Sanktionen auf die Branchen haben.

Eine Umkehr im großen Bild und eine Wiederaufnahme des Aufwärtstrends ist das noch nicht. Die Börsen sind weiter taktisch geprägt. Bei 14.000 Punkten erreicht der DAX gerade schon wieder die ersten Widerstände. Er könnte aber sogar bis 15.000 Punkte klettern, bevor er dann an die einstige Unterstützung stößt, die jetzt - nach dem tiefen Absturz darunter - erneut ein Widerstand sein dürfte. 

Wie wirken die Sanktionen - und wie lange?

Die Schwierigkeit besteht gerade darin, die langfristigen und fundamentalen Auswirkungen zu bewerten. Dabei gibt es aus unserer Sicht zwei Ebenen. Erstens ist natürlich wichtig, wie schnell wieder eine Art Friedenszustand in der Ukraine hergestellt und dauerhaft gesichert werden kann. Je schneller das gelingt, desto besser. Denn dann werden die großen akuten Ängste aus dem Markt schwinden. Dynamisiert sich der akute Konflikt nicht weiter, sinkt das Risiko. Dann fließt auch wieder Geld in die Märkte. 

Die zweite Ebene, die für Anleger strategisch wichtiger ist, sind die mittel- und langfristigen Folgen des Krieges. Hier sehen wir deutlich mehr Risiken und negative Folgen als die Wirtschaftsforschungsinstitute. Die Erwartung, dass die Konjunktur nur marginal (-0,4%) beeinflusst wird, halten wir für "völlig daneben". Das gilt erst Recht, wenn sich Deutschland dem US-Druck beugen würde, die Öl- und Gasversorgung komplett zu kappen. Ganz abgesehen davon, dass die Märkte dann noch die Staatspleite Russlands "verarbeiten" müssen. Zwar hat das Land nur 56 Mrd. Dollar Auslandsschulden. Aber die Verflechtungen von Banken betragen auch nochmal einige Milliarden Euro. Und wer kann schon ahnen, welche russischen Unternehmen dann alles noch "über die Wupper" gehen. 

Preisauftrieb wird unterschätzt

Die deutsche Konjunktur wird kräftig in Mitleidenschaft gezogen. Denn auch wenn schon sehr bald wieder ein "Friedenszustand" in der Ukraine hergestellt werden dürfte, werden die US- und EU-Sanktionen noch lange bestehen bleiben. Die bremsen aber eine Vielzahl von Geschäften und Branchen massiv aus. Sie verteuern - angefangen bei den Rohstoffen - sämtliche Lieferketten. 

Die Preise bekomme noch einmal einen Kriegs-Turbo. Aus unserer Sicht wird dieser Faktor derzeit völlig unterschätzt. Schon angesichts der Preissteigerung von 4% haben Verbraucher in Deutschland "gequietscht" und die Politiker über Kompensationen nachgedacht. Welche Debatten werden wir bei 8% Inflation führen und wenn es bestimmte Produkte nicht mehr stets und ständig in der gewohnten Sicherheit zu kaufen gibt? Dieser Schock im Verbrauchervertrauen wird erst noch in den Statistiken ankommen.

EZB kann nicht helfen

Die Zentralbank, die heute (Donnerstag) über die Zinsen entschieden hat, wird in dieser Lage auch kein Retter sein. Sie wird ihre geldpolitische Wende nicht auf den Sankt Nimmerleinstag verschieben können. Im Gegenteil: Die dynamisch steigenden Preise erhöhen massiv den Druck auf die EZB, zu handeln. Dann wird die Zentralbank die Zinsen in einem Umfeld wirtschaftlicher Probleme und Schwierigkeiten anheben. Und sollte die Konjunktur "nach dem Krieg" doch wieder kräftig anspringen, wird auch das in diversen Segmenten nur weitere Preissteigerungen zur Folge haben. 
Fazit: Die Börsen suchen ihren Boden. Eine schnelle politische Verhandlungslösung halten wir für unwahrscheinlich. Darum sind neue Enttäuschungen und neuer Abgabedruck wahrscheinlich. Um 12.700 Punkten können Positionen aufgebaut werden. Mittelfristig ist das Szenario einer Stagflation noch nicht vom Tisch. Für die Börse bleibt entscheidend, wie lange welche Sanktionen wirken. Anleger werden daher eine sehr genaue Folgenabschätzung für die Branchen machen müssen und entsprechend gewichten.
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