Das Thema „Nachhaltigkeit“ beschäftigt Anleger seit Jahren. Mal wird es als „Marketing-Masche“ der Anlageindustrie, mal als ernsthaftes, zukunftsweisendes und unverzichtbares Kriterium für eine gute Kapitalanlage gesehen. Wenn Mönche sich mit diesem Thema beschäftigen, ist es wert, einmal genauer hinzusehen.
Steuerberater Frank Hekstrof findet in seinem Briefkasten einen dicken Briefumschlag. Der Absender: die „Missionszentrale der Franziskaner“ mit Sitz in Bonn. Mit dabei: Ein 40 Seiten umfassendes Werk mit dem Titel „Für einen gerechten Umgang mit Geld“.
Selten wurde in einer solch detaillierten Form die Frage der Berücksichtigung ethischer Werte bei der Kapitalanlage diskutiert. Das macht das Studium der zugesandten Unterlagen deutlich. Die Folgen für die Aktien und die Rentenanlage werden klar dokumentiert. Für den Orden gelten Unternehmen als nicht investabel, wenn z. B. ein Verstoß gegen Arbeitsrechte vorliegt. Dazu muss es zu einer massiven Verletzung gegen die grundlegenden Prinzipien der ILO Declaration on Fundamental Principles and Rights at Work gekommen sein, z. B. einer Einschränkung der Vereinigungsfreiheit. Kinderarbeit ist natürlich auch ein Ausschlusskriterium.
Nicht nur das Unternehmen selbst, auch dessen Zulieferer und Subunternehmer werden betrachtet. Unternehmen, die mit Pornografie oder Glücksspiel beschäftigt sind, fallen aus dem Investmentrahmen. Auch Gewinn- und Ratespiele im Fernsehen, die über erhöhte Telefonkosten die Leute „abzocken“, stehen auf der Negativliste. Unternehmen, die sich derlei Werbemethoden bedienen, gelten ebenfalls als nicht investierbar. Auch beim Thema „Tierversuche“ wird klar definiert: Unternehmen, die zu Forschungszwecken lebendige Tiere einsetzen, fallen durch das Raster. Das gilt immer dann, wenn es um die Herstellung von Konsumgütern geht.
Staatsanleihen werden ebenso hart geprüft: Wenn der Anteil an Atomenergie größer als 10% ist, kommt das Land nicht ins Portfolio. Und stellt Transparency International fest, dass der Korruptionsindex geringer ist als 5 (von 10), ist dies ebenso ein Ausschlusskriterium. Frank Hekstrof ist angetan von diesem Detaillierungsgrad. Er freut sich, dass die Investmentkriterien in einem Aktien- und einem Rentenfonds umgesetzt werden (www.terrassisi.de).
Doch wie hoch ist der Preis für den Entschluss, so konsequent nachhaltig zu sein? Als Vergleich für den Aktienfonds kann die „normale“ Anlage in den MSCI World via ETF dienen. Bestenfalls zahlt sich Nachhaltigkeit sogar in einer höheren Rendite aus. Gut wäre zumindest eine gleich hohe Wertentwicklung. Ansonsten kostet Nachhaltigkeit Renditepunkte – und damit Geld. Dann bleibt weniger für den Stiftungszweck – also kann weniger Gutes getan werden. Ein Dilemma.
Das Ergebnis: In Verlustjahren lag der Franziskaner-Fonds stets unter dem Weltindex. Und wer Mitte 2007 insgesamt 1 Mio. Euro investiert hatte, hat erst in diesen Wochen den Verlust ausgeglichen. Der nicht nachhaltige Welt-Index dagegen hätte ein Plus von über 200.000 Euro gebracht. Das Bild bessert sich, wenn nur die letzten drei Jahre betrachtet werden. Welt-Index und Fonds liegen gleich auf – aber der Fonds hatte größere Schwankungen, war also risikoreicher. Das könnte eine Folge geringerer Diversifikation sein.
Ähnlich sieht es beim Rentenfonds aus. Der seit Mitte 2009 laufende Fonds hätte bei einer Anlage in Höhe von 1 Mio. Euro bis Ende April 2014 einen Ertrag von 80.000 Euro erzielt; ein vergleichbarer ETF-Fonds aber ca. 115.000 Euro. Noch gravierender ist der Unterschied der letzten drei Jahre: 35.000 Euro Ertrag beim Franziskaner-Fonds, über 90.000 Euro beim ETF.
Frank Hekstrof und die von ihm beratenen Stiftungen müssen feststellen, dass nachhaltiges In-vestieren wohl doch Geld kostet. Die große Hertie-Stiftung geht einen anderen Weg. Sie trennt Vermögensanlage und Zweckerfüllung, kauft Anlagen ohne den speziellen Nachhaltigkeitsblick und schafft es so, einen attraktiven Ertrag für ihren Stiftungszweck zu erzielen. Das Kalkül: Mehr Ertrag = mehr Gutes tun. Auf offensichtliche unethische Investments wie Rüstungsindustrie verzichtet aber auch die Hertie-Stiftung.
Fazit: Das Franziskaner-Hilfswerk hat einen sehr fundierten, transparenten Anlageprozess für konsequent nachhaltiges Investieren vorgelegt, der als Benchmark gelten kann. Ob der Preis dafür gezahlt werden oder eher der „Hertie“-Weg eingeschlagen werden sollte, ist aber schlussendlich eine Gewissensfrage.