Die Hoffnung auf weiter sinkende Zinsen, vor allem in der Eurozone, sorgt für anhaltend gute Laune unter Anlegern und Investoren europäischer Aktien. So gelang dem Deutschen Aktienindex (DAX) direkt zu Wochenbeginn der Sprung über die Marke von 9.800 Zählern – ein neues Allzeithoch.
Die lediglich psychologisch bedeutsame Marke von 10.000 Indexpunkten ist damit in greifbare Nähe gerückt und wird vermutlich schon sehr bald fallen. Denn mit dem jüngsten Sprung über 9.800 befreit sich der Index aus seiner seit Mitte Januar anhaltenden Seitwärtsphase. Fällt der Index nicht sofort wieder zurück, wird sich der Durchmarsch als nachhaltig erweisen. Dann wird der Markt die nächste Stufe der seit knapp drei Jahren anhaltenden Aktienrally erklimmen.
Wesentliche Kurstreiber kommen erneut aus den Sitzungssälen der Europäischen Zentralbank (EZB). Die anhaltend niedrige Preisentwicklung in der Eurozone wird von der EZB als Gefahr für eine konjunkturelle Erholung gesehen. Auf der nächsten EZB-Sitzung am 5. Juni werden von nahezu allen Marktteilnehmern daher weitere stimulierende Maßnahmen wie Zinssenkungen oder Anleihe-Kaufprogramme nach US-amerikanischem Vorbild erwartet. Auch über negative Einlagenzinsen für Bankguthaben bei der EZB wird derzeit spekuliert. EZB-Präsident Mario Draghi hat bereits klar gesagt, dass die Notenbank bereit sei zu handeln.
Dieses Umfeld begünstigt weiterhin die Anlage in Dividendenpapieren. Schon aus Mangel an guten Anlagealternativen strömt weiter frisches Geld in den Aktienmarkt. Der deutliche Rechtsruck bei den Wahlen zum Europäischen Parlament und die andauernden Gefechte im Osten der Ukraine vermögen hingegen die gute Stimmung derzeit nicht einzutrüben.
Beim Blick auf Einzelwerte fällt auf, dass seit einiger Zeit eine gewisse Branchenrotation stattfindet. Vor allem Werte, die die kräftige Aufwärtsbewegung der vergangenen Monate nicht in vollem Umfang mitgemacht haben, werden nun gekauft und lösen einstige Highflyer so langsam ab. Solche Nachholprozesse können Kurstreiber sein.
Allen voran sind hier Versorgeraktien- und Energiewerte zu nennen. Seit einer Branchenempfehlung der US-Investmentbank Goldman Sachs steigen die Kurse von RWE und E.ON deutlich an. Sie könnten sogar die neuen Zugpferde der nächsten Aufwärtsbewegung werden. Sie dürfte den DAX in bisher nie gesehene Höhen bringen. Ein kräftiger Rückschlag ist dabei nicht in Sicht.
Fazit: Mit dem Erreichen neuer Jahres- und Allzeithochs dürfte nach den Wochen zermürbender Seitwärtsbewegung nun wieder neuer Schwung in den Markt kommen. Die Berichtssaison ist so gut wie beendet, politische Großereignisse stehen nicht mehr auf der Agenda. Der DAX will die Marke von 10.000 Punkten sehen und wird diese sehr bald erreichen. Von Euphorie ist hingegen noch nicht viel zu spüren – auch ein Indiz dafür, dass die Rally am Aktienmarkt noch nicht zu Ende ist.