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Erst Panik, jetzt Euphorie

Drei Illusionen treiben die Märkte

Die Märkte haben erneut einen großen Sprung nach oben gemacht. Ein rekordverdächtiger Tag mit einem DAX-Plus von 5,8% euphorisiert die Anleger. Dabei geben sie sich drei Illusionen hin.

Neu ins Spiel gebrachte Rettungsmilliarden haben die akute Angst vor einer zweiten Crash-Welle an den Märkten weggespült. Die Aussicht auf ein 500 Mrd. Euro schweres Konjunkturprogramm in Europa, finanziert über Euro-Bonds, hat die Märkte beflügelt. Zusätzlichen Rückenwind gab es aus den USA. Von dort wehten neue Spekulationen über einen Corona-Impfstoff über den Atlantik. Außerdem beruhigte der Chef der US-Notenbank mit seiner Aussage, dass die konjunkturelle Erholung zügig vorangehen würde.

Die Märkte versetzte das schon wieder fast in Euphorie. Binnen nur eines Tages stieg der DAX um 5,8% und machte alle Verluste der Vorwoche wett. Auch die US-Börsen kletterten kräftig an. Der marktbreite S&P 500 stößt nun bei knapp 3.000 Punkten schon wieder von unten an die wichtige 200-Tage-Trendlinie. Der Dow hat sich wieder über 24.000 Punkten etabliert.

Die drei Fragezeichen

Die Börse gibt sich gerade drei Fehlinterpretationen hin. Die Euphorie über frisches Geld führt in die Irre. Noch ist gar nicht absehbar, ob das von Merkel und Macron vorgeschlagene Konjunkturprogramm Realität wird. Hinzu kommt, dass es sich um zusätzliche Schulden handelt. Dagegen regt sich bereits Widerstand. Außerdem erinnern wir uns noch an den Juncker-Plan, der eine milliardenschwere Investitionsoffensive auslösen sollte. Das Ergebnis: Milliarden wurden investiert, aber offenbar weniger als ursprünglich in Aussicht gestellt. Hinzu kommt, dass etliche Projekte schlicht umgewidmet wurden – sie waren ohnehin geplant, so der Europäische Rechnungshof. Die zusätzlichen Impulse dürften also gering gewesen sein. Dieses „Schicksal“ könnte auch der neuen Investitionsplan erleben.

Zudem geben sich die Märkte einer Impfstoff-Illusion hin. Auch wir glauben zwar, dass es irgendwann einen Impfstoff geben wird. Seine Wirkung dürfte aber momentan überschätzt werden. Denn der Impfstoff wird Corona nicht wieder aus der Welt schaffen. Die Gründe liegen in der Medizin: Covid-19 ist eine Grippe, ein Virus. Das wird sich regelmäßig verändern, wie andere Grippeviren auch. Die Impfungen werden dann also jedes Jahr nötig sein, eine Mehrheit der Weltbevölkerung abdecken müssen – und sie dürften jeweils nur gegen die jüngsten bekannten Stämme von Covid-19 wirken. Kurz: Ob mit oder ohne Impfstoff: Die Welt wird mit Corona leben lernen – und breite Abschaltungen ganzer Wirtschaften wird es kaum noch geben. Der Impfstoff wird nur für sein Erfinder-Unternehmen zu einem enormen Geschäft.

Dividenden-Desaster

Drittens erleiden die Märkte ein Dividenden-Desaster. Die Unternehmen kürzen gerade reihenweise ihre Dividenden. Das ist Abbild der realen wirtschaftlichen Lage und Indikator für Zukunftsbefürchtungen (Cash ist King). In London werden derzeit intensiv Berechnungen über die Dividendenausschüttungen in aller Welt angestellt. Auslöser sind Royal Dutch Shell, die wider alles Erwarten erstmals ihre Dividende stark gekürzt haben. James Henderson geht davon aus, dass im günstigsten Falle in diesem Jahr die Ausschüttungen um 15% fallen. Das entspricht immerhin 213 Milliarden US-Dollar. Im schlimmsten Falle wird mit einer Kürzung um 493 Milliarden US-Dollar gerechnet.

Dem Markt entrinnen damit etliche Milliarden, die entweder in neue Aktienkäufe geflossen oder anderweitig investiert oder konsumiert worden wären.  Hinzu kommt, dass viele Unternehmen auch ihre Aktienrückkaufprogramme auf Eis legen. Damit fällt ein weiterer langfristiger Kurstreiber aus.

Markttechnik spricht für zweite Verkaufswelle

Auch die technische Entwicklung der Börsen in der Vergangenheit spricht dagegen, dass die Börsen ungebremst weiter steigen. Unsere Erfahrung zeigt, dass es bisher in jedem Crash eine zweite große Verkaufswelle gab, in der die vorigen Tiefs mindestens getestet wurden. Wir sehen keinen Grund dafür, dass dies diesmal anders sein sollte. Schließlich stehen den Börsen im Sommer voraussichtlich noch einige ganz miese Zahlen bevor und wir haben Zweifel, dass die alle schon eingepreist sind und sich die Konjunktur so flott erholt.

Zudem stößt sich der US-Markt gerade auch an der 200-Tagelinie den Kopf. Springt der S&P darüber, steht ein Anlauf auf das Allzeithoch bevor. Auch hier spricht die Erfahrung aber dagegen, dass dies so einfach gelingt. Zweimal ist der Index in den vergangenen Wochen an dieser Hürde auch schon gescheitert. Gerade läuft der dritte Versuch. 

Fazit: Uns geht dieses Umschalten von Panik auf Euphorie zu schnell. Gemessen an der aktuellen Lage sind die Börsen teuer. Mit Blick auf die Zukunft ist das ohnehin der Fall. Vorige Woche wurde noch über einen BIP-Einbruch in den USA von 30% im zweiten Quartal spekuliert. Selbst wenn es nur „halb so wild“ wird und danach steil aufwärts geht, wird das Konjunkturtal breit. Wir betreiben Risikomanagement und warten weiter ab. Fällt die zweite Abwärtswelle aus, gibt es noch genug Luft nach oben.
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