Jeder noch so kleine Korrekturansatz ruft an der Börse gerade gleich Schnäppchenjäger auf den Plan. So hatte der DAX nach seinem Ausbruch über 15.400 Punkte zwar gleich wieder Federn gelassen. Tiefer als 15.100 Zähler ging es aber auch nicht. Angesichts der steilen Rallye ist das praktisch gar nichts. Selbst wenn der DAX bis etwas 14.800 Punkte abrutschen würde, er würde damit gerade einmal das untere Band seines aktuell sehr steilen Aufwärtstrends erreichen.
Das gleiche Bild sehen wir in den USA. Die US-Börsen haben ebenfalls nur marginal abgegeben und sofort neue Käufer angelockt. Gestützt wurden die Märkte in Übersee vor allem durch die wieder rückläufigen Zinsen. Die sind nach ihrem Spurt auf 1,78% haben sie schlagartig die Richtung gewechselt. Bis heute sind die US-Renditen wieder auf 1,56% gefallen. Das stützt Aktien.
Rätseln über mysteriösen US-Zinssturz
Der US-Zinsabsturz vom vorigen Freitag ist aber einigermaßen rätselhaft. Am Markt schossen schnell Spekulationen ins Kraut, was den mysteriösen Rendite-Kollaps ausgelöst haben könnte. Denn angesichts der US-Wirtschaftsdaten gibt es keinen Grund für den plötzlichen Druck auf die langfristigen Zinsen. Die Daten sprechen eher für weiter steigende, als fallende Zinsen. Die US-Produzentenpreise legten im Monatsvergleich um 1% zu, 7,4% im Jahresvergleich. Die Konsumentenpreise klettern im Jahresvergleich um 3,6%, die US-Importpreise um 4,8%.
Am Markt gibt es diverse Spekulationen darüber, dass die US-Notenbank Fed interveniert hat. Ein Motiv hätte sie. Sie will die Inflationserwartungen ausbremsen und nicht überschießen lassen. Das würde gut zum jüngsten Statement der US-Geldhüter passen, die betont haben, die Inflation zwar laufen, aber nicht ungebremst über die Marke von 2% hinwegschießen zu lassen. Wäre das der Fall, würde die Zinskontrolle durch die Fed neuen Treibstoff für Aktien liefern.
Unsicherheit wächst
Neben dieser Spekulation steht allerdings die Überlegung großer Investoren, dass die wirtschaftliche Erholung in den USA ihren Nach-Corona-Zenit bereits erreicht hat. Einhergehend mit einem näher rückenden Ende der ultra-lockeren Geldpolitik könnten Anleger bereits beginnen, eine wirtschaftliche Abkühlung einzupreisen. Die jüngsten US-Konjunkturzahlen waren zwar top. Aber die Börse blickt nach vorn und sieht einiges Enttäuschungspotenzial.
Passend zu diesen beiden sehr konträren Szenarien entwickelt sich der Goldpreis. Das Edelmetall, das als Absicherungsinstrument eingesetzt wird, ist allein in der vergangenen Woche von 1.720 auf fast 1.800 US-Dollar je Feinunze gestiegen. Wir hatten Ihnen vorigen Donnerstag empfohlen, den günstigen Einstiegszeitpunkt zu nutzen. Gold profitiert in der aktuellen Situation doppelt. Denn sinkende Zinsen stützen das Edelmetall. Zugleich dürfte es bei einer wirtschaftlichen Abkühlung als sicherer Hafen wieder gesucht werden.