Konjunktur wird Börse nochmal ausbremsen
Die Börsen haben einen starken April aufs Parkett gelegt. Allein der DAX ist in diesem Monat um 20% gestiegen. Auch die US-Börsen sind eine beachtliche Rally gefahren und haben ordentlich Boden gut gemacht.
Damit haben die Aktienmärkte einen guten Teil des Corona-Schocks abgeschüttelt. Im DAX ging es von immerhin von 13.800 auf 7.800 Punkte nach unten (-42%). Von dort ging es nun schon wieder auf 11.300 Punkte nach oben (+40%). Dennoch hat der DAX noch 3.000 Punkte Luft bis zum Ausgangsniveau des Crashs. Vom aktuellen Index-Stand aus gesehen sind das noch einmal gute 25%.
Hoffnungen auf Corona-Medikament beflügeln akut
Die Märkte werden gerade vor allem von der Hoffnung auf eine schnelle und erfolgreiche Entwicklung von Corona-Medikamenten getrieben (vlg. S. 4). Außerdem treibt das global in Rekordvolumina geschöpfte billige Geld den Kursen auf die Sprünge.
Aus unserer Sicht sind diese Hoffnungswerte allerdings gerade zu groß. Sowohl die fundamentale Entwicklung, als auch klassische Verlaufsmuster sprechen gegen eine ununterbrochene Fortsetzung der jüngsten steilen Aufwärtsbewegung. Fundamental werden die Märkte allmählich beginnen müssen, die realen Zahlen zu verdauen, die in den kommenden Wochen auf sie einprasseln werden.
Corona wird in Statistiken brutal sichtbar
Die aktuellen Statistiken spiegeln die Anfänge der Corona-Krise wider. Sie werden sich in den kommenden Wochen – so unsere Erwartung – eher noch einmal verschlechtern. Der BIP-Einbruch in den USA um 4,8% im ersten Quartal ist nur ein Vorgeschmack. Der negative Effekt der inzwischen mehr als 20 Mio. US-Arbeitslosen durch Corona wird ebenfalls erst noch sichtbar werden.
Auch die Zahlen aus Deutschland sind eine Wucht: 10 Mio. Menschen sind in Kurzarbeit (bei 44 Mio. Beschäftigten insgesamt). Die Arbeitslosenzahlen sind gegenüber dem März um über 300.000 auf insgesamt 2,644 Mio. Menschen gestiegen. Die Arbeitslosenquote stieg saisonuntypisch von 5,1% auf 5,7%. Schon das wird sich auf den Konsum auswirken. In etlichen Ländern der Welt sind die Entwicklungen ähnlich. Und je länger der Lockdown dauert, desto größer werden die akuten Folgen und umso länger wird die Erholung dauern.
China gibt Anlass zur Hoffnung
In diesem Umfeld gibt China Anlass zur Hoffnung. Dort läuft die Wirtschaft wieder voll an. Das BIP dürfte in diesem Jahr nur moderat wachsen (+2%). Für nächstes Jahr könnte es dann aber ein Plus von 8% geben. Auf eine ähnliche Entwicklung scheinen die Börsen auch für Europa und die USA zu setzen.
Gestützt wird dieses Erholungsszenario durch die weltweiten Aktivitäten der Notenbanken. Sobald die harten Lockdown-Regelungen gelockert werden, ist mit einem moderaten Anziehen der Wirtschaft zu rechnen. Nach einer Vorsichts-Phase, in der beobachtet wird, ob es zu einer zweiten Infektionswelle kommt, dürfte die Wirtschaft dann dynamisch anziehen.
Konjunktur gegen Marktechnik
Diesen mittelfristigen Konjunkturhoffnungen steht die Marktechnik gegenüber. Der übliche Kursverlauf in einer solchen Phase ist ein steiler Absturz, gefolgt von einer dynamischen Korrektur und einem neuen Absturz, bei dem die zuvor erreichten Tiefkurse erneut angelaufen werden. Die ersten beiden Phasen haben wir bereits gesehen.
Die Indizes sind dabei in den USA bereits wieder an die wichtige 200-Tagelinie herangelaufen und stoßen sich jetzt dort den Kopf. Der DAX hat dafür sogar noch etwas Luft. Dass die Börsen aber ungebremst über diese wichtigen Trendlinien hinweg laufen, halten wir angesichts der konjunkturellen Lage für unwahrscheinlich. Immerhin liegen die US-Börsen nur 12% unter ihren Allzeithochs. Die Welt hat aber vermutlich eine schwerere Wirtschaftskrise als 2008/09 vor der Brust. Das wird auch durch die zur Verfügung gestellte Zentralbank-Liquidität nicht einfach weggespült werden können.