Politische Risiken sind ein Nonvaleur
Die Börsen blenden im Moment eine Menge politischer Risiken aus. Dazu gehören die weiter schwelende Unsicherheit über US-Strafzölle und Gegenmaßnahmen der EU. Auch die mögliche Konfrontation der EU mit den USA über das Iran-Abkommen, bewegt die Kurse nicht. An die schnellen Stimmungswechsel hinsichtlich einer Lösung des Korea-Konflikts haben sich offenbar alle gewöhnt.
Selbst die jüngsten politischen Unruhen um die Regierungsbildung in Italien, lassen die Märkte weitgehend kalt. Die Debatten über einen möglichen Euro-Ausstieg Italiens versetzen die Märkte kaum in Bewegung – abgesehen von den italienischen Staatsanleihen, deren Rendite gerade über die 2%-Marke nach oben gesprungen ist.
Wirtschaftsentwicklung trotz der Politik
Politisch Börsen haben kurze Beine – oder wie in diesem Fall gar keine. Die Marktteilnehmer gehen ganz offenbar davon aus, dass diese Risiken keinen negativen Einfluss auf die aktuell gute globale wirtschaftliche Entwicklung haben werden.
Der Inflationsdruck wird mittelfristig spürbar steigen. Auslöser sind die Rohstoffpreise – voran der Ölpreis – und die US-Zinsen. Die Auswirkungen des deutlich gestiegenen Ölpreises bekommt jeder Autofahrer beim Tanken bereits mit.
Für Europa baut sich hier kurzfristig ein doppelter Inflationshebel auf. Denn die Eurozone importiert die Inflation nicht nur über den steigenden Ölpreis, sondern noch zusätzlich über den schwachen Euro. Dieser Gleichlauf von Dollar und Öl nach oben ist an den Finanzmärkten eine seltene Konstellation. Zugleich stützt der schwache Euro aber natürlich die Börse, weil deutsche Exportgüter bei einem schwächeren Euro im internationalen Vergleich wettbewerbsfähiger werden.
IKB rechnet mit höherer Inflationsrate
Interessant ist ein Ausblick der IKB. Die Deutsche Industriekreditbank hat bei ihrer Inflationsprognose einen Blick auf 2019 gewagt. Kernaussage: 2018 ist mit einer höheren Inflationsrate zu rechnen (Ölpreis, Euro).
Demnach könnte die Inflationsrate 2019 sogar wieder zurückgehen. Dafür würde es schon ausreichen, wenn der Ölpreis dann nicht weiter steigt. Diese Analyse hat Brisanz. Denn wenn die EZB im Jahr 2018 bei aktuell steigenden Inflationsraten die Leitzinsen noch nicht anzieht, was wird sie dann 2019 bei fallenden Inflationsraten tun?
Die europäische Geldpolitik läuft dem Konjunkturzyklus also weit hinterher (FK vom 26.4.). In den USA ist den Währungshütern dagegen zumindest der Einstieg in den Exit aus der ultralockeren Geldpolitik gelungen. Die Fed wird die Zinsen weiter hinaufschleusen, die Renditen werden weiter steigen. Wie lange das gut geht, bevor die überbordenden Kredite zu teuer werden, bleibt abzuwarten. Kritisch wird das, wenn sich die US-Konjunktur spürbar abkühlt.
Fazit: Die Märkte halten die politischen Risiken für gering. Die konjunkturellen Rahmendaten bleiben gut. Das liefert weiter Treibstoff für die Aktienmärkte. Europa ist dabei wegen der Aktien-Bewertung attraktiver als die USA.