Potenziale von grünem Ammoniak
Der Stoff NH3 - besser bekannt als Ammoniak - ist für die Wasserstoff-Wirtschaft von enormer Bedeutung. Zwar ist Ammoniak toxisch und wahrlich nicht ungefährlich (ätzend, Geruch). Dennoch steckt gerade in dieser chemischen Verbindung sehr viel Potential, um Wasserstoff zu binden und diesen in sehr großen Mengen transportierbar zu machen.
Bislang wird Ammoniak vor allem als Düngemittel auf dem Weltmarkt gehandelt, im Umfang von gut 170 bis 200 Millionen Tonnen im Jahr. Damit ist es die mengenmäßig am zweitmeisten transportierte Chemikalie. Um Ammoniak zu verflüssigen reichen schon Temperaturen von minus 33 Grad. Das ist ein enormer Temperaturunterschied gegenüber der Verflüssigung von Wasserstoff, der eine Kühlung auf unter 259 Grad benötigt.
Grüner Ammoniak bietet als Träger für Wasserstoff zahlreiche Vorteile
Ein Tanker mit Ammoniak ersetzt volumenmäßig bis zu 3 Schiffe mit flüssigem Wasserstoff (Ammoniak hat 4x mehr Volumen als Gas oder Flüssigwasserstoff). Darum ist es viel effizienter, Wasserstoff via Ammoniak zu transportieren und nicht gasförmig oder verflüssigt. Die Transportkosten liegen auf die Menge bezogen nur bei 10% dessen, was den Transport reinen Wasserstoffs an Kosten anfallen würde.
Vor allem geht es aber zukünftig um „grünen Ammoniak“, dessen Produktion nicht aus Erdgas besteht (CO2-Abdruck), sondern aus regenerativen Energien wie Solar und Wind. Zudem haben die Preissprünge für Erdgas als Basis der Ammoniakproduktion grünen Ammoniak („renewable Ammonia“) in eine Poleposition gebracht.
Renewable Ammonia wird Konkurrent gegenüber Ammoniak aus Erdgas
Es gibt weltweit Forschungsprojekte, um grünen Ammoniak auch technologisch wesentlich günstiger und effizienter (weniger Energie) produzieren zu können als Ammoniak aus fossilen Energiequellen. Ein Forschungsinstitut aus Kanada ist (zusammen mit einer US-Universität) dabei, ein neues Verfahren marktreif zu machen, das mit nur 0,02 US-Dollar/kWh sehr effizient ist. Mit dem könnte eine Tonne Ammoniak für nur 220 US-Dollar hergestellt werden. Ammoniak aus Erdgas kostet bis zu 2.000 US-Dollar pro Tonne. Das ist bislang zwar nur ein Forschungsprojekt im Labor, aber ein Projekt, das eine extrem spannende Perspektive andeutet. Grüner Ammoniak könnte zum GameChanger für Wasserstoff werden. Der Wasserstoff soll mit diesem Verfahren für 1,50 US-Dollar je kg produziert werden können.
Weltweit ist nun ein Run im Gange, um Transportkapazitäten (neue Generation von Schiffen) für Ammoniak zu schaffen wie auch die bestehende Infrastruktur (Terminals, Cracker) massiv auszubauen bzw. neue zu errichten. Schätzungen gehen davon aus, dass eine Vervielfachung der Ammoniakproduktion und Nachfrage absehbar ist.
ThyssenKrupp ist ein Ammoniak-Profiteur
Vorstandschef Dr. Cord Landsmann von ThyssenKrupp Uhde erwartet eine Verdrei- bis Vervierfachung der Produktion bis zum Jahr 2030. Andere gehen sogar von weit höheren Zahlen aus. ThyssenKrupp Uhde ist der weltgrößte Anlagenbauer für industrielle Ammoniakanlagen, von denen bereits weltweit über 130 im Einsatz sind.
Das Unternehmen dürfte selbst von der prognostizierten Entwicklung massiv profitieren. Denn viele Länder, die Märkte und Anleger bislang kaum auf dem Radar haben - wie Namibia oder Chile – wollen hier zukünftig eine Rolle spielen. Eine gewisse Marktdominanz werden Länder wie Saudi Arabien (sieht sich selbst als zukünftigen Weltmarktführer in Sachen grünem Ammoniak) oder Australien haben, da hier bereits erheblich in das Themenfeld Ammoniak investiert und große Mengen – bislang grauen Ammoniak – weltweit ausgeliefert werden.
Ammoniak das Öl der Zukunft?
Grüner Ammoniak hat das Potenzial das Öl der Zukunft zu werden. Insbesondere in Japan bereiten sich Unternehmen schon jetzt auf den neuen Energieträger vor (FB vom 01.09.2022). Das gerade im Mittelpunkt des Interesses (Ukraine-Krieg) stehende LNG kann durch grünen Ammoniak perspektivisch ersetzt werden.
Neue Terminals berücksichtigen dies daher bereits technologisch. Ein Beispiel: Der Hafen Rotterdam plant, die dortige Kapazität (Lagerung/Anlieferung) von Ammoniak von aktuell 400.000 Tonnen/Jahr in wenigen Jahren von 1,2 Mio. Tonnen in 2023 auf über 3 Mio. Tonnen in 2024 zu steigern – ein Projekt u.a. von BP.
Potenziale als Treibstoff
Ammoniak selbst lässt sich in den Transportschiffen der nächsten Generation dann nicht nur von diesen transportieren, sondern via Brennstoffzelle selbst als sauberer Treibstoff (Antriebsenergie) einsetzen, was auch u.a. bei Traktoren in Testläufen bereits umgesetzt wird. Die Schifffahrt soll bis 2035 massiv dekarbonisiert werden – mit bis zu 95% weniger Schadstoffemissionen.
Auch Ammoniak-Cracker erleben Boom und technologische Verbesserungen
Am Rande interessant ist, dass es auch bei den Ammoniak-Crackern viele neue technologische Verbesserungen gibt. Diese Geräte splitten den Ammoniak in Wasserstoff und Stickstoff auf. Das ist wie bei der Elektrolyse, wo in den verschiedenen Einsatzfeldern (SOFC, PEM, Alkaline) ebenfalls technologisch viele Optimierungen erfolgen, um Wasser immer kostengünstiger in Wasserstoff und Sauerstoff zu zerlegen.
Da, wo der grüne Ammoniak hin transportiert wird, wird der darin enthaltene Wasserstoff mittels Ammoniak-Cracker in Wasserstoff und Stickstoff zerlegt und kann dann in die Gasnetze fließen (Blending) aber auch in Gaskraftwerken (wenn diese H2-ready sind) für die Stromerzeugung dienen. Er kann aber vor allem auch der Industrie zur Verfügung stehen, die den Wasserstoff in vielerlei Weise für chemische Prozesse in sehr großem Volumen benötigt und Einsatzfelder wie in der Stahlerzeugung (grüner Stahl) finden. Viele weitere Informationen erhalten Sie dazu hier: www.ammoniaenergy.org