Das US-Konjunkturpaket ist angesichts seines Volumens schon keine Bazooka mehr - eher eine Atombombe. Genauso könnte es auch mit den Folgen für die Finanzmärkte sein - auch wenn es derzeit nicht danach aussieht. Aber: Es steht außer Zweifel, dass Geld in dieser Größenordnung Wirkung entfaltet. Die wird auch in jedem Fall inflationär wirken. Selbst US-Notenbankchef Jerome Powell gesteht das zu. Er relativiert aber, dass es "nur Flaschenhals-Inflation" geben wird. Damit will er beruhigen und darauf hinweisen, dass Inflation kein "flächendeckendes" Problem wird.
Wir halten die Beruhigungspillen der US-Notenbank aber für ein Placebo. Denn auch wenn die Inflation zunächst nur in einigen Segmenten auftritt. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sie sich dann ins System "frisst". Darauf deuten einige Indikatoren hin. Das Helikoptergeld wird die Nachfrage und den Konsum kräftig ankurbeln. Allein das macht Preissteigerungen wahrscheinlich. Die anziehende Nachfrage trifft aber schon jetzt auf steigende Rohstoffpreise. Die werden im Laufe der Zeit auch Vorprodukte verteuern - sogar aus den aus China investierten.
Keine Entwarnung von den Zinsen
Dass die US-Zinsen gerade einen Hauch nachgeben, sollte darum nicht überbewertet werden. Wir sind davon überzeugt, dass die Zinsen ihre Trendwende gesehen haben und zum Jahresende höher liegen werden als heute. Dafür sprechen auch die globalen Öffnungstendenzen in den Wirtschaften und der sukzessive Ausstieg aus den Lockdowns. Zumal die steil steigende Verschuldung - sowohl in den USA, aber auch in Europa - die Absorptionskapazitäten der Finanzmärkte fordern wird. Das ist auch dann der Fall, wenn die Notenbanken weiter fleißig Anleihen kaufen und damit die Staaten finanzieren.
Zieht die Konjunktur weiter an, wird darum auch der Druck auf die Notenbanken massiv steigen. Die Kombination aus starker globaler Konjunktur und steigenden Zinsen wird die Geldhüter dazu zwingen, sich im Hinblick auf Anleihekäufe und Zinspolitik neu zu positionieren. Die Notenbanker können das vielleicht noch ein wenig hinauszögern. Aber eines Tages wird der Punkt kommen, da werden die Märkte austesten, ob die Notenbanken die Renditen wirklich einfach laufen lassen. Tun sie das, werden Anleiherenditen irgendwann so attraktiv, dass die Zinspapiere Kapital absorbieren. Dann kommen Aktien unter die Räder.
Ist diesmal alles anders?
Ein Warnzeichen ist auch die Bewertung von US-Aktien. Das langfristige Shiller-KGV des Dow liegt bei 29,8. Es war zwar schön höher, der Durchschnitt liegt aber bei 17. Ein so hohes KGV ist auch nur angesichts von Null-Zinsen zu rechtfertigen. Am Aktienmarkt wird gerade ein langjähriges und dynamisches Wachstum bezahlt. Kommt es nicht, sind Aktien fundamental sehr teuer. Dabei sollte auch nicht aus dem Blick geraten, dass es auf der Steuerseite zu einem Paradigmenwechsel kommen könnte. In Großbritannien wurde schon eine satte Erhöhung der Unternehmenssteuern beschlossen. Das könnte auch in anderen Ländern bevorstehen und hätte zwei Effekte. Es würde die Gewinne der Unternehmen belasten und dürfte den Anreiz erhöhen, höhere Steuern über Preise an Verbraucher weiterzugeben.
Wir können uns nicht vorstellen, dass die Börsen die Rahmenbedingungen aus dynamischer Konjunktur, aber auch steigender Inflation und Zinsen und schon hohen Kursen dauerhaft ignorieren. Wir fragen uns auch, woher nach dem 1,9 Biden-Paket neue Impulsgeber für Aktien kommen sollen. Woher kommen die Aktienkäufer von morgen, die noch höhere Kurse bezahlen? Die heftigen Kursausschläge von 1.000 Punkten im Dow in wenigen Tagen zeigen, dass die Nervosität steigt. Angst und Gier prallen im flotten Wechsel zusammen.