Volkswagen ist preiswert
Die Geschichte des Volkswagen-Konzerns ist eng mit dem deutschen Staat verbunden. In den 1930er Jahren gegründet, bestimmte nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst die britische Militärregierung die Geschicke in Wolfsburg. Anschließend folgten die niedersächsische Landesregierung und der Bund. Bis heute hält das Land Niedersachsen noch immer 11,8% des Aktienkapitals des Autobauers und verfügt über 20% der Stimmrechte.
Das VW-Gesetz sichert dem Land besonderen Einfluss. Im Aufsichtsrat stehen den Arbeitnehmern besondere Rechte zu. Dies führt wiederum dazu, dass Land und Betriebsräte über den Aufsichtsrat gemeinsam Interessen durchsetzen können – häufig zur Sicherung von Arbeitsplätzen an niedersächsischen Standorten. Hier ist die Staatsbeteiligung an dem Unternehmen somit eng an die Wirtschaftspolitik des Landes angelehnt.
Rückendeckung vom Staat
Der Aktienkursentwicklung hat die Staatsbeteiligung nicht geschadet. Eher das Gegenteil ist der Fall. Eine feindliche Übernahme des Konzerns wird durch den Einfluss Niedersachsens verhindert. Die Beteiligung des Staates unterstreicht zudem die Systemrelevanz des VW Konzerns und der Autoindustrie in Deutschland generell.
Die Corona-Krise hat dem Unternehmen unterdessen stark zugesetzt. Allein im April mussten die Wolfsburger auf dem Heimatmarkt Absatzeinbußen um gut zwei Drittel hinnehmen. Insgesamt sanken die europäischen Auslieferungen der Volkswagen-Hauptmarken im Vergleich zum Vorjahr um 83%. Die Verkäufe des gesamten VW-Konzerns sanken im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 23%.
Neue Kaufprämien in Sicht
Um den Autoabsatz wieder anzukurbeln, legt VW nun ein eigenes Förderprogramm auf. Dieses beinhaltet unter anderem neue Leasing- und Finanzierungstarife für Neu- und Gebrauchtwagen, aber auch ein Ratenschutz bei Jobverlust oder längere Garantien. Von staatlicher Seite fordert die Automobilindustrie in der Corona-Krise neue Kaufprämien (Abwrackprämie, Umweltprämie…) - die es dem Vernehmen nach auch geben wird. Bereits im Nachgang der Finanzkrise 2008/09 war eine solche Umweltprämie Bestandteil der Konjunkturpakete der Bundesregierung. Der Volkswagenkonzern hatte damals besonders stark von der Kaufprämie profitiert.
Beim Thema „Dieselgate“ mussten die Wolfsburger in dieser Woche erneut eine Niederlage einstecken. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe verurteilte den VW-Konzern erstmals zu einer Schadensersatzzahlung wegen des Einbaus illegaler Abschalteinrichtungen in Dieselfahrzeugen. Auf den Aktienkurs hatte dieses Urteil indes keinen Einfluss mehr. Zur Wochenmitte ging es mit der Aktie weiter nach oben, denn die wesentlichen negativen Auswirkungen der Strafzahlungen scheinen vollständig eingepreist zu sein.
Aus fundamentaler Sicht ist die Vorzugsaktie von VW mit einem für 2021 geschätzten KGV von unter 5 und deutlich unter Buchwert (KBV: 0,55) ein Schnäppchen. Für das vergangene Jahr schlagen Vorstand und Aufsichtsrat eine Dividende in Höhe von 4,86 je Vorzugsaktie vor. Langfristig orientierte Anleger kaufen erste Stücke, kalkulieren jedoch Rücksetzer bis etwa 118 Euro ein.
Empfehlung: Startposition kaufen, Rücksetzer Richtung 118 Euro für Nachkäufe einplanen Kursziel: 183 EUR; StoppLoss unter 99,50 EUR (SK Xetra)