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Wirecard liefert DAX-Premiere

Welche Qualität hat der DAX?

Der Wirecard-Krimi ist auf dem Kulminationspunkt angekommen. Der Zahlungsabwickler liefert eine DAX-Premiere: einen Insolvenzantrag - aufgrund von Lug und Trug. Das ist nicht nur ein Desaster für die Wirecard-Aktionäre, sondern für den gesamten Finanzplatz D.
Der Wirecard-Krimi erlebt seinen Höhepunkt - und viele Anleger ihr Wirecard-Waterloo. Der Zahlungsabwickler hat Insolvenzantrag gestellt. Der Aktienkurs fiel von gestern 10,70 (Schlusskurs) auf 1,50 Euro in der ersten Taxe heute morgen (Donnerstag). Nun ist die Parabel perfekt: Vom Pennystock zum hochgejazzten Highflyer - und zurück auf den Boden. Am Ende 2005 startete die Aktie mit 0,67 Cent. Das Hoch lag im August 2018 (DAX-Aufnahme) bei 197,60 Euro. 

Damit schafft Wirecard eine Premiere: Noch nie in seiner Geschichte ist ein DAX-Wert in die Insolvenz gerutscht. Der Wirecard-Hammer zertrümmert damit auch ein gutes Stück des Finanzplatzes Deutschland - und wir können darüber nur den Kopf schütteln. Erstens ist die Rolle der Wirtschaftsprüfer fragwürdig. Welche Aussagekraft haben Jahresabschlüsse, wenn derart grobe Fälschungen nicht auffliegen? Was also ist ein solches Testat für Anleger wert, die sich ja genau darauf verlassen, dass die Bilanz durch den Wirtschaftsprüfer als korrekt abgesegnet wird? Eine rein formale Prüfung, die keine Plausibilitäten checkt, ist jedenfalls zu wenig. Der testierenden Kanzlei EY drohen jetzt Schadenersatzklagen.

Großer Schaden für Finanzplatz D

Auch die Rolle der Deutschen Börse ist fragwürdig. Dem Vernehmen nach steht nicht einmal ein "fast Exit" für Wirecard bevor. Denn laut den Regularien der Deutschen Börse reicht ein Insolvenzantrag dafür nicht aus. In einem solchen Fall ist der Exit erst für die jeweils nächste turnusmäßige Prüfung der Indexzusammensetzung vorgesehen. Lediglich wenn ein Insolvenzverfahren "mangels Masse" abgelehnt wird, kann das Unternehmen sofort aus dem DAX ausgeschlossen werden. So kann es sein, dass Wirecard noch bis September im DAX notiert ist - was für eine Absurdität.

Kaum zu glauben finden wir, dass die Deutsche Börse hier kein Augenmaß beweist. Die Insolvenz von Wirecard fällt schließlich nicht wie der Aktienkurs vom Himmel. Sie ist das Ergebnis von Betrug, Täuschung und Bilanzmanipulation. Eine der Regelungen der Deutschen Börse bezieht sich auf Kriterien zu Corporate Governance. Demnach müssen Index-Mitglieder binnen der ersten vier Monate des Jahres eine testierte Bilanz vorlegen. Wirecard hat diese Regel klar gebrochen.

Was ist der DAX wert?

Bleibt für Anleger die bittere Frage: Welche Qualität soll das größte deutsche Börsenbarometer eigentlich beweisen? De facto liefert der Index überhaupt keine inhaltliche Qualität. Letztlich bildet er nur die Kursentwicklung von 30 Unternehmen ab, die formale Kriterien (z. B. Marktkapitalisierung, Handelsumsatz) erfüllen. Damit zeigt der Index zwar die für die Börse attraktivsten Unternehmen. Ein Qualitätsindex ist es aber nicht. Bleibt für Anleger zu hoffen, dass die Deutsche Börse das Wirecard-Desaster nutzt, um Anpassungen an ihrem Auswahl-Regelwerk vorzunehmen - um künftigen Schaden vom Finanzplatz D abzuwenden.

Neben Wirecard bewegt heute noch die EZB die Anleger. Die Europäische Zentralbank hat die Tür zu einer Einigung im Konflikt mit dem Bundesverfassungsgericht aufgestoßen. Sie rechtfertigte ihre Anleihekäufe in der Krise und räumt damit die Unklarheiten ab, die das deutsche Verfassungsgericht zuvor moniert hatte. Damit dürften die Bundesbank aus dem Schneider sein und auch weiterhin deutsche Staatsanleihen im Auftrag der EZB kaufen können. 

EZB und Lufthansa im Fokus

Die Lufthansa ringt heute auf ihrer außerordentlichen Hauptversammlung um das Rettungspaket. Brüssel hat schon vorsorglich die Zustimmung zum Rettungsplan signalisiert. Die LHA-Aktie hebt heute jedenfalls ab. Die Anleger spekulieren klar auf eine Rettung - und dass sich die Kranich-Linie Zeit kaufen kann. Wir sind mit an Bord (vgl. Fuchs-Depot). 
Fazit: Der DAX bewegt sich weiterhin in der engen Bandbreite von 12.000 bis 12.500 Punkten. Das Ringen der Investoren um die weitere Perspektive ist noch nicht entschieden. Die Börse hat auf eine V-Erholung der Konjunktur spekuliert. Nun muss die Realwirtschaft liefern. Wir bleiben dabei: Abwarten.
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