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Stiftungsvermögen in Deutschland wesentlich höher als bisher geschätzt

Große Stiftungen erhalten (zu) geringe Dividendenzahlungen

Fritz Brickwedde, ehem. Vorsitzender des Deutschen Stiftungsverbandes © Picture Alliance
Das Vermögen gemeinwohlorientierter Stiftungen in Deutschland ist wesentlich höher als bisher geschätzt. Große Stiftungen mit Unternehmensbeteiligungen wurden bisher nie zum Marktwert geschätzt. Eine wissenschaftliche Arbeit hat das nachgeholt. Und sie kommt noch zu anderen pikanten Ergebnissen.

Das Vermögen deutscher Stiftungen ist deutlich höher als bisher angenommen. Die vom Bundesverband deutscher Stiftungen veröffentlichte Schätzung von 100 Mrd. Euro beruht auf unzureichenden Grundlagen. Im Falle der großen Konzernstiftungen legt sie die Buchwerte von deren Beteiligungen zugrunde. Tatsächlich dürfte deren Marktwert aber beim Sechsfachen des bisher angenommenen Wertes liegen. Das zeigt eine Untersuchung des Betriebswirtschaftlers Benedikt Ott aus dem letzten Jahr, die in der Schriftenreihe des Maecenata Instituts (Opusculum 119) veröffentlicht wurde.

Insgesamt gibt es in Deutschland ungefähr 420 Stiftungen, die wesentliche Unternehmensbeteiligungen halten. Sie verfügen gewöhnlich über kein Stimmrecht am Unternehmen. Unter den 100 größten gemeinwohlorientierten Stiftungen sind nach einer jährlich vom Bundesverband deutscher Stiftungen erstellten Liste 35 privatrechtlich oder als Körperschaften organisiert, 13 öffentlich-rechtliche Stiftungen und sieben sogenannte politische Stiftungen. Von diesen insgesamt 55 Stiftungen sind 14 an Unternehmen beteiligt. Neun davon sind an börsennotierten Unternehmen beteiligt. In diesen Fällen findet eine Bewertung durch den Kapitalmarkt statt.

Fünf nichtbörsennotierte Stiftungen mit Unternehmensbeteiligungen

Ott hat sich auf die fünf großen Stiftungen konzentriert, deren Beteiligungen nicht börsennötiert sind. Es handelt sich um die Bertelsmann Stiftung (Bertelsmann SE & Co. KGaA), die Carl-Zeiss-Stiftung (Carl Zeiss AG, Schott AG), die Körber-Stiftung (Körber AG), die Mahle-Stiftung GmbH (Mahle GmbH) und die Robert Bosch Stiftung GmbH (Robert Bosch GmbH). Zur Bewertung der Beteiligungen, die in den Unternehmensbilanzen mit dem Buchwert vermerkt sind, hat Ott das Discounted Cashflow-Verfahren (DCF) angewendet.

Pikant ist, dass die Stiftungen neben den Unternehmensbeteiligungen kaum weitere Vermögenswerte halten. Daraus ergeben sich Fragen nach der Risikostreuung des Vermögens. Und es stellt sich die Frage, ob die Verzinsung aus den Beteiligungen hinreichend ist.

Dividendenzahlungen aus Unternehmensbeteiligungen erscheinen unzureichend

Tatsache ist: Die Dividendenzahlungen erscheinen auf Basis der von Ott errechneten Marktwerte ausgesprochen gering. Insgesamt erhielten die sechs Stiftungen Dividendenzahlungen in Höhe von 364 Mio. EUR. Das entspricht einer durchschnittlichen Dividendenrendite in Höhe von 0,4%. Der niedrigste Wert ist mit 0,1% bei der Mahle-Stiftung GmbH festzustellen. Die höchsten Werte ergeben sich mit 1,4% bei der Bertelsmann Stiftung und der Zeppelin-Stiftung (aus der Beteiligung an der Zeppelin GmbH). Einem Vergleich mit der Kapitalverzinsung, die Investoren bei börsennotierten Vergleichsunternehmen erwarten, dürfte das kaum standhalten.

Fazit:

Die in Stiftungen gehaltenen Unternehmensbeteiligungen werfen ausgesprochen niedrige Dividendenzahlungen ab. Bei einer marktgerechten Verzinsung könnten die Stiftungen deutlich mehr für das Gemeinwohl leisten. Zumal sie kaum andere Vermögenswerte halten und dadurch mit „Klumpenrisiken" behaftet sind.

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