Welche Versicherungen für mich?
Ein Thema wird immer wieder diskutiert: Haben in der Vermögensberatung auch Versicherungen etwas zu suchen? Oder sollen sich andere Experten darum kümmern, z. B. Versicherungsvertreter?
Fall aus der Praxis
Nehmen wir das Ehepaar Grundwohl, das seit gut 10 Jahren verheiratet ist. Beide sind selbständig. Sie betreibt eine Boutique, er ist als Unternehmensberater tätig. Das Jahreseinkommen liegt bei ca. 250.000 Euro brutto, jedes Jahr leicht ansteigend. Ihr Vermögen besteht aus einem Haus, das sie vor gut fünf Jahren gebaut haben. Es gehört Frau Grundwohl. Der Unternehmensberater mietet das Büro, das im Haus integriert ist, von seiner Gattin zur ortsüblichen Miete. Das Eigenheim ist gut 750.000 Euro wert. Allerdings sind davon 555.000 Euro langfristig über eine Hypothekenbank finanziert.
Die Eheleute haben mehrere Konten und Depots. Die Wertpapiere sind bunt gemischt und ohne großes System zusammengekauft: Indexfonds, Bonuszertifikate, Rohstofffonds, Garantieprodukte, Anteile an .großen. Fonds wie Fidelity European Growth, Templeton Growth und M&G Global Basics. Außerdem noch einige Dachfonds. Alle direkt vor der Einführung der Abgeltungsteuer erworben. Das Gesamtvolumen dieser Werte beträgt ca. 230.000 Euro. Die Eheleute, 42 und 34 Jahre alt, genießen das Leben und brauchen gut 10.000 Euro jeden Monat für Nahrung, Urlaub, Kleidung, Theaterbesuch, Fitness und andere Annehmlichkeiten.
Von Versicherungen halten beide nicht viel. Allerdings ist ein guter Freund unter die Versicherungsmakler gegangen und möchte sie nun von einem umfassenden Versicherungsschutz überzeugen. Der Mann nutzt jedes Gespräch mit seinen Freunden, um mit Horror-Storys aus seiner angeblich täglichen Arbeit die Eheleute zu sensibilisieren: Neulich ist ein Unternehmensberater wie du tödlich verunglückt. Nun steht die Frau vor dem Bankrott!
Kein „buy and hold"
Auch wenn diese Gespräche den Hintergedanken haben, mit dem Freund auch beruflich ins Geschäft zu kommen . der Versicherungsmakler pointiert einen wichtigen Aspekt. Viele Unternehmer gehen mit ihren privaten und beruflichen Risiken nicht professionell um. Ähnlich wie bei der Geldanlage werden irgendwann irgendwelche Versicherungen abgeschlossen. Das Gefühl .Jetzt bin ich erstmal abgesichert. tut dann gut. Wie bei einer .Buy-and-hold.-Strategie ist festzustellen: Einmal abgeschlossen, wird die Versicherung nicht mehr angerührt und überprüft.
Dass das fatale Folgen haben kann, ist bekannt. Legendär ist die Geschichte des Familienvaters, der mit 25 Jahren eine hohe Risiko-Lebensversicherung abschloss und anschließend heiratete. Im Glauben, dass seine Ehefrau damit automatisch abgesichert sei, prüfte er nicht mehr, was er einst vereinbart hatte. Damals jedoch hatte er eine Verlobte, die aber nicht seine Ehefrau wurde. Sie war als bezugsberechtigt eingesetzt. Als er starb, blieb seine Ehefrau daher ohne die Versicherung. Diese erhielt die Ex. rechtlich korrekt und bindend.
Risiken systematisch unterteilen
Wir teilen die Risiken in drei Kategorien ein:
A. Existenzzerstörende Risiken: Der Schadensfall ist eine finanzielle Katastrophe für den Versicherten oder seine Familie. Da sind besonders Haftpflichtrisiken zu nennen. Jeder haftet für Schäden, die er anrichtet, unbegrenzt. Dass dies nicht so oft eintritt, zeigt der Blick auf die Prämien. Für unter 100 Euro im Jahr ist dies vollständig abzusichern. Wenn es dann aber eintritt, kann es für den Unversicherten unbezahlbar werden. Dazu zählen auch Berufsunfähigkeit oder der Tod des .Hauptverdieners. oder beider Eheleute. Das gilt insbesondere dann, wenn kein Vermögen vorhanden ist. Bei Grundwohls ist dies zwar nicht der Fall. Ein Partner allein könnte für seinen Lebensunterhalt sorgen. Aber es stellt sich die Frage, ob das Haus gehalten werden kann.
B. Existenzbedrohende Risiken: Zu nennen sind hier die Risiken Hausrat-Schaden oder Leitungswasser- Schaden am eigenen Gebäude.
C. Existenzneutrale Risiken: Hierzu zählen z. B. der Verlust des Reisegepäcks oder der Fahrrad-Diebstahl. Ärgerlich, aber kein Drama.
Zwei Risikotypen sind wichtig
Nur die Risiken A und B sind für Vermögende und Unternehmer relevant. Allerdings: Die Risikoanalyse ist ein komplexes Beratungsfeld. Relativ wenig Experten sind hierfür ausgebildet und haben die entsprechende Software dafür.
Als erste Ansprechpartner für diese Kombination von Vermögens- und Risikomanagement zählen die Certified Financial Planners (CFP). Für diese Qualifikation ist ein Studium an einer akkreditierten Hochschule Pflicht. Dort wird Risikomanagement gelehrt und ist Teil der Abschlussarbeit. Solche CFPs können unter der Domain www.CFP.de recherchiert werden. Sie sitzen in Banken oder sind selbständig.
Solche Beratungsleistungen sind honorarpflichtig. Jedoch bieten Banken dies auch unentgeltlich an. Dann verfolgen sie aber das Motiv, den Kunden mit seinem Geld zu gewinnen und an dem Vermögensverwaltungsvertrag oder bei anderen Entscheidungen zu verdienen.
Die CFPs sind auf die quantitative Risikoanalyse spezialisiert, nicht zwingend auf die Auswahl des notwendigen Versicherungsschutzes. Hier muss wiederum ein guter Makler antreten. Da stellt sich die Frage: .Lohnt sich der Aufwand?. Ja. Denn die Risikoanalyse eines CFPs bringt gleichzeitig auch Erkenntnisse für den Normalfall, also wenn nichts passiert.
Der Aufwand ist je Risiko sehr unterschiedlich. Die Haftpflicht wird meist mit dem Verweis .unbedingt über eine Versicherung absichern. behandelt. Das Thema .Feuer bei der Gebäudeversicherung. steht auch auf der To-Do-Liste, wird aber an einen Versicherungsmakler delegiert.
Anders ist dies aber bei Risiken wie Berufsunf ähigkeit, Tod, schwere Krankheit und Pflege. Hier sind Detailberechnungen nötig. Die Eheleute engagieren daher einen Finanzplaner. Dieser nimmt in einem zweistündigen Gespräch die relevanten Daten auf.
Den Rest der Informationen sucht er sich aus den überlassenen Akten heraus. Oder er schreibt die Banken und Versicherungen an. Dann rechnet er das Normal-Szenario durch und zeigt den Eheleuten diverse Optimierungsmöglichkeiten auf. Zwei von vielen Punkten: Grundwohls haben ihre Immobilien-Finanzierung nicht sorgfältig geplant. Das Objekt gehört Frau Grundwohl. Die Finanzierung lautet aber auf beide Eheleute. Das ist kritisch, denn Herr Grundwohl schenkt durch seine regelmäßigen Tilgungsleistungen seiner Frau Geld. Auf lange Sicht, evtl. verbunden mit ähnlichen Konstruktionen, könnte plötzlich Schenkungsteuer anfallen.
Wichtige Erkenntnisse
Auch die Depots passen nicht zusammen. Es sind Klumpenrisiken vorhanden. Obwohl die Grundwohls dachten, die Risiken gut gestreut zu haben. Etliche der Fonds gehören zu den .Underperformern., sind also . trotz bekannter Namen . dritte oder vierte Wahl.
Die bedeutenden Erkenntnisse kommen aber beim Thema Risikomanagement ans Licht. Sollte Herr Grundwohl schwer krank werden, ist eine jährliche Deckungslücke von 73.500 Euro nach Steuern zu beklagen. Wird die gesamte Deckungslücke auf das heutige Datum abgezinst, handelt es sich um gut 1,4 Mio. Euro. Um das auszugleichen, müsste Frau Grundwohl in ihrem Geschäft deutlich expandieren. Nur: Derzeit denken die beiden bereits über Nachwuchs nach.
Im Todesfall fehlen gut 1,2 Mio. Euro, um die Ehefrau abzusichern. Der Wert fällt in ca. 14 Jahren, wenn die Darlehen planmäßig getilgt sind. Zu lösen ist das Problem schnell. Der Planer empfiehlt, sich an Direktversicherungen wie Asstel oder Europa zu wenden.
Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung sollte allerdings kein Direktversicherer gewählt werden. Hier verweist der Planer an einen Makler mit viel Knowhow in diesem Bereich.
Und um die Hartnäckigkeit des guten Freundes zu belohnen, wird auch dieser den Eheleuten Angebote unterbreiten. Dann hat sich der Einsatz für ihn gelohnt. und der Deckungsschutz ist fundiert ermittelt worden. Die Faustformel .Pi mal Daumen. reicht bei existenzzerstörenden Risiken nicht.
Spätestens alle fünf Jahre sollte eine solch professionelle Risikoanalyse wiederholt werden. oder wenn etwas Besonderes in der Familie eintritt. Bei Grundwohls wäre dies der Fall, wenn der Nachwuchs tatsächlich Wirklichkeit wird.