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Am Anleihemarkt kann es nur besser werden

Bonds kommen zurück

Euroscheine. © sp4764 / stock.adobe.com
Als Renten-Anleger wurde man im Jahr 2022 nicht gerade von Fortuna gesegnet. Doch bereits das kommende Jahr steht unter neuen, optimistischeren Vorzeichen. Ausschlaggebend dafür wird die weitere Notenbankpolitik sein. Denn ihr derzeitiger Kurs wir nicht dauerhaft beizubehalten sein. Schon jetzt ist absehbar, auf welchen Märkten sich Anleger weiterhin Sicherheit einkaufen können und wo sich sogar neue Rendite-Chancen auftun.

Das Jahr 2022 war für Rentenmarkt-Anleger katastrophal. Nahezu beispiellose Verluste stehen zu Buche. Mit Kursverlusten zwischen 15% und 20% für US- und europäische Bonds in den ersten drei Quartalen wurde aus einem in der Regel sicheren Hafen ein höchst ungemütliches Pflaster für Investoren. Trotz erster deutlicher Zinserhöhungen stehen die Notenbanken weiter unter Druck, auf die in den USA hartnäckige Inflation und den in Europa für den Jahreswechsel erst noch erwarteten Teuerungs-Höhepunkt zu reagieren und die Geldpolitik zu straffen. Aber gerade deshalb wird es 2023 gute Chancen bei Anleihen geben.

Eine Rezession in Europa ist unausweichlich

Die aktuelle Geldpolitik ist extrem prozyklisch. Die hohe Inflation zwingt die Notenbanken, in eine Wirtschaftsabschwächung hinein die Zinsen zu erhöhen. Dies gilt gerade für Europa, wo sich aufgrund der vielen externen Belastungsfaktoren ein „perfekter Sturm“ abzeichnet. Zum einen belasten die hohen Energiepreise bzw. Inflationsraten die Kaufkraft der Konsumenten und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. Zum anderen hat die EZB keine andere Wahl, als auf die hohe Inflation mit Zinserhöhungen zu reagieren und damit die monetären Bedingungen noch restriktiver zu gestalten.

Eine Rezession in Europa ist damit unausweichlich. Wir rechnen spätestens im vierten Quartal mit einer negativen Wachstumsrate in der Eurozone von rund zwei Prozent. Dies sollte die Inflation ab dem Jahreswechsel wieder leicht senken. Die EZB ist im Zinserhöhungsprozess aber so spät dran, dass sie die Zinsen vom derzeitigen Niveau noch um mindestens 150 bis 200 Basispunkte weiter erhöhen wird. Erst zum Ende des ersten Quartals 2023 dürfte sie vor dem Hintergrund einer tiefen Rezession und fallender Inflationsraten ihren Zinserhöhungskurs wieder anpassen.

Situation in den USA ist weniger kritisch

Zwar bremst der Zinserhöhungszyklus der Fed auch in den USA das Wachstum. Aber aufgrund einer nahezu autarken Energieversorgung haben die Vereinigten Staaten ihr wirtschaftliches Schicksal im Gegensatz zu Europa selbst in der Hand. Die Situation ist dort deutlich weniger kritisch. So ist der Kaufkraftverlust der Konsumenten geringer, da die Löhne stärker steigen als in Europa. Allerdings hat die Fed die Geldpolitik bereits deutlich gestrafft und damit die Finanzierungsbedingungen der Wirtschaft erheblich verschlechtert. 

Ein Leitzinsniveau von mindestens vier Prozent zum Jahresende 2022 bietet der Fed dann möglicherweise auch die Gelegenheit, ihren Zinserhöhungszyklus zu beenden. Zum einen hat sie dann ein restriktives Zinsniveau erreicht, zum anderen sollte ein sich fortsetzender Rückgang der Inflation der Fed eine Vorlage für eine veränderte Rhetorik bieten. Zudem dürften 2023 die restriktive Fiskalpolitik sowie der starke US-Dollar auch ohne Zinserhöhungen für angespannte Finanzierungsbedingungen sorgen.

Kurswechsel in der Geldpolitik im Frühjahr

Für die Anleihestrategie ist die alles entscheidende Frage, wieweit die Notenbanken die Zinsen erhöhen können, bis die negativen Auswirkungen auf das Wachstum sichtbar werden. Von diesem Zeitpunkt an sollten auch die Inflationserwartungen wieder fallen und die Bondmärkte zu einer neuen Aufwärtsbewegung ansetzen.

Letztlich hängt die Beantwortung dieser Frage davon ab, ab welchem Niveau die Geldpolitik restriktiv wirkt bzw. wieviel Luft die Notenbanken haben, sie zu normalisieren. Wir erwarten im Herbst 2022, dass spätestens im Frühjahr 2023 sowohl die Fed als auch die EZB einen restriktiven geldpolitischen Kurs erreicht haben und der Kurzfristzins über dem neutralen Zins liegt. Wir schätzen diesen für die Fed bei 2,5% bis 3% nominal und in Europa bei maximal einem Prozent nominal. Dies könnte dann ab dem Frühsommer zusammen mit fallenden Energiepreisen und einer schrittweisen Verbesserung in den Angebotsketten auch zu einem sukzessiven Rückgang der Inflation führen.

US-Renditen mit nur noch wenig Aufwärtspotenzial

Die Fed wird ihre restriktive Haltung also zunächst beibehalten und die Zinsen aggressiv anheben. Damit sollte sich zunächst auch die Verflachungstendenz auf den Staatsanleihekurven fortsetzen. Nach der Invertierung der Zinskurve dürften die Anleiherenditen allerdings bald ihren Höhepunkt erreichen.

Die Marktzinsen sollten dann wieder stark fallen, wenn die US-Wirtschaft in eine Rezession fällt. Dies erwarten wir spätestens für das erste Halbjahr 2023. Derzeit ist die US-Wirtschaft noch recht robust und die Fed ist noch nicht fertig damit, die Geldpolitik zu straffen. Auch historisch betrachtet ging die Invertierung der Zinsstrukturkurve zeitlich mit dem Peak in den Bond-Renditen einher. Ab dem kommenden Frühjahr sollte dann die Kombination aus wieder fallenden Inflationsraten und schwachem Wachstum und damit einem absehbaren Ende der Notenbankzinserhöhungen zu dem erwarteten Renditerückgang führen.

Bundesanleihen strategisch in Schwächephasen kaufen

Wenig Aufwärtspotenzial bei den Renditen vom aktuellen Niveau aus sehen wir auch für Bundesanleihen. Zwar bleibt in der Eurozone die hohe Inflation in den nächsten Monaten ein Belastungsfaktor. Aber wir gehen nicht davon aus, dass die Erwartungen an die Anzahl der EZB-Zinserhöhungen vom derzeitigen Niveau noch signifikant weiter angehoben werden müssen. Da die Geldpolitik in der Eurozone deutlich weniger expansiv als in den USA ist, besteht zudem für die EZB gerade nach der Rückführung der Asset-Käufe wesentlich weniger Spielraum, die Zinsen anzuheben. Wir sehen daher keine Möglichkeit dafür, dass die EZB die vom Markt für die kommenden 18 Monate erwarteten Zinserhöhungen von über 250 Basispunkten liefern kann, ohne eine Rezession auszulösen. Sollte die EZB diese zur Inflationsbekämpfung in Kauf nehmen, werden die Inflationserwartungen sowie die realen Renditen spürbar fallen. Wahrscheinlicher ist, dass bereits über den Winter, wenn das tiefe Ausmaß  der Rezession sichtbar wird, die Zinserhöhungserwartungen im Markt wieder abnehmen.

Beide Szenarien sind für Bundesanleihen positiv. Die Kurse würden sowohl von einer Abnahme der Zinserhöhungserwartungen sowie von einem aggressiven Zinserhöhungskurs der EZB mit dem Ziel einer Nachfrageschwächung profitieren. Im letzten Szenario käme der Renditerückgang später, wäre aber dafür umso kräftiger. Das genaue Timing für das  Ende der Aufwärtsbewegung der Bund-Renditen ist somit schwierig. Aber in jedem der beiden Szenarien ist ein Ende der Aufwärtsbewegung in Sicht bzw. sollte eine positive Marktphase perspektivisch folgen. Strategisch bietet es sich somit an, in weiteren Schwächephasen Positionen aufzubauen. Zwei Prozent Rendite für 10-jährige Bundesanleihen sind unseres Erachtens definitiv ein Kauf.

Peripherie-Anleihen werden wieder attraktiv

Mit dem vermutlichen Ende des EZB-Zinserhöhungskurs zum Ende des ersten Quartals 2023, sollten sich Investoren auch periphere Staatsanleihen ansehen. Gerade in Italien, wo die Zinserhöhungen und das Ende der Asset-Käufe der EZB die Zinsdifferenz zu Bundesanleihen auf über 2,3% gehoben haben, sollten sich die Spreads dann wieder beruhigen.

Renditen in Euro-Staatsanleihen im 10-jährigen Bereich von vermutlich über vier Prozent stellen dann eine sehr attraktive Kaufgelegenheit dar. Denn politisch bleibt es dabei, dass die Währungsunion sukzessive zu einer Transferunion weiterentwickelt wird und somit das kurzfristige Risiko eines Auseinanderbrechens dieser Union zunächst weiter abnimmt. Die politischen Risiken werden in Italien zu hoch eingeschätzt. Auch eine rechts-konservative Regierung von Fratelli/Lega wird unseres Erachtens nicht ernsthaft die Mitgliedschaft Italiens im Euro in Frage stellen.

Umfeld für Unternehmensanleihen bleibt schwierig

Für Unternehmensanleihen bleibt das Umfeld in den kommenden Monaten noch schwierig. Eine Rezession und die Straffung der Geldpolitik werden weiteren Druck auf die Spreads ausüben. Hier ist noch nicht der Zeitpunkt gekommen, deutlich offensiver zu investieren. Wir erwarten, dass die kommende Rezession die Spreads weiter unter Druck setzen wird und somit auch noch nicht das Ende der Entwicklung gekommen ist bzw. in Zukunft noch bessere Kaufgelegenheiten entstehen. Allerdings gilt auch, dass mit steigenden Spreads bzw. Renditen das Rendite-/Risikoprofil für Corporate Bonds immer attraktiver wird. Bereits jetzt sind Unternehmensanleihen mit kurzer Restlaufzeit und guter Qualität bzw. wenig zyklischen Geschäftsmodellen recht attraktiv, da der laufende Ertrag (carry) deutlich positiv ist und einen zunehmenden Puffer gegenüber weiteren Renditeanstiegen darstellt.

In den vergangenen 25 Jahren wurde nahezu jeder kurzfristige Renditeanstieg mittel- bis langfristig durch die Kombination aus Kupon und steigenden Kursen wieder kompensiert. Auf dem derzeitigen Renditeniveau von rund drei Prozent haben Investoren nie Geld verloren, selbst zwischen 2006 und 2009 nicht, als die Renditen von drei auf über sieben Prozent gestiegen sind.

Bei Schwäche zukaufen

Die entsprechende Investmentstrategie sollte deshalb lauten, bei Schwäche weiter zuzukaufen. Das Timing allerdings ist schwierig. Voll investiert sollte man idealerweise dann sein, wenn die Konjunktur ihren Tiefpunkt erreicht hat und die Geldpolitik dreht. Dieses positive Umfeld erwarten wir für Corporates im Frühjahr 2023. Auch sollten Investoren Financials (Bankanleihen) berücksichtigen. Hier haben sich die Risikoaufschläge besonders deutlich erhöht. Aber das Ende der Negativzinspolitik der EZB ist gleichzeitig sehr positiv für Banken, so dass diese trotz aller strukturellen Probleme zumindest temporär besser abschneiden sollten als Industrieanleihen.

Ausblick für Emerging Markets hellt sich auf

Gerade Anleihen aus Emerging Markets erlebten einen extremen Abverkauf im Jahr 2022, da sich die Zinskurve für US-Staatsanleihen nach oben verschoben hat und der starke US-Dollar zudem viele dieser Länder deutlich unter Druck setzt, da sie in der Währung verschuldet sind. Somit haben sich die Spreads ausgeweitet. Der Ausblick hellt sich aber zunehmend wieder auf, da sich zumindest die US-Treasury-Kurve nicht mehr signifikant nach oben schieben sollte und der laufende Ertrag mittlerweile recht hoch ist.

Ab dem Frühsommer 2023 sollte auch diese Assetklasse sehr attraktiv werden, da ein Ende des Zinserhöhungszyklus auch den Aufwärtstrend des Dollar bremsen sollte und damit diese Märkte unterstützt. Solange die Geldpolitik noch restriktiv bleibt, sollte der Fokus der Investoren auf Hard Currency Debt liegen. Dreht die Geldpolitik, sind Local Curreny Debt gefragt und auch wieder Unternehmensanleihen aus den Emerging Markets.

Über den Autor

Dr. Eckhard Schulte ist Vorstandsvorsitzender und Gründungspartner der MainSky Asset Management AG und verantwortet das Portfoliomanagement. Vor MainSky war er bei Dresdner Kleinwort Wasserstein für die Rentenstrategie und volkswirtschaftliche Analyse zuständig. Bei der japanischen 'Industrial Bank of Japan' als Chief Economist hat er zuvor insbesondere asiatische Investoren beraten.

Seit 2001 steht MainSky für bankenunabhängige Vermögensverwaltung mit dem Fokus auf Familienvermögen, Family Offices und institutionelle Investoren. MainSky ist spezialisiert auf liquide Assets wie Renten und Aktien. Dank eines klar strukturierten Investmentprozesses gelingt es zuverlässig, sowohl in schwierigen als auch in guten Kapitalmarktjahren reale Wertzuwächse zu generieren.

Dieser Text stammt aus dem FUCHS-Geldanlagebuch "Anlagechancen 2023: Den Anlagewinter überstehen". Sie können das Buch im Online-Shop des Verlags Fuchsbriefe erwerben.

Fazit: Nach einem verlorenen Jahr am Anleihemarkt fällt es zugegeben noch schwer, im Herbst 2022 inmitten von Inflations-, Zins- und Rezessionsängsten die nächste Hausse für dieses Marktsegment auszurufen. Aber gerade, weil die Notenbanken gezwungen sind, das Tempo der geldpolitischen Straffung hochzuhalten und prozyklisch in eine Wirtschaftsschwäche hinein die Zinsen erhöhen, könnte das Ende dieses für Anleihen schädlichen Marktumfeldes schneller kommen als von vielen gedacht.

Deshalb sollten unserer Meinung nach US-Staats- und Bundesanleihen weiterhin den konservativen Kern jeder Rentenallokation bilden. Offensivere Investments in Unternehmensanleihen und Emerging Markets könnten schon im Frühjahr das Portfolio erfolgreich diversifizieren und wieder zu attraktiven Returns führen.

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