Bei Staatsanleihen haben die Schuldnerstaaten künftig eine stärkere Position. Der internationale Verband der Anleihenhändler, ICAMA, hat das Regelwerk für Umschuldungen geändert. Er hat damit auf die Probleme reagiert, die die US-Justiz mit der Gleichstellung von 2005/2010 restrukturierten und 2001 ausgefallenen Anleihen geschaffen hat. Die US-Justiz hatte eine Umschuldung aufgehoben, der sich rund 93% der Investoren – nicht ganz freiwillig – unterworfen hatten. Der Verband liefert zwei Änderungen in den Anleiheverträgen:
Es sollen „Collective Action Clauses“ eingefügt werden, mit denen eine qualifizierte Kapitalmehrheit der Gläubiger (in der Regel 75%) bindende Entscheidungen für alle Gläubiger treffen kann. Damit könnte kein einzelner Gläubiger mehr, wie im Fall der Argentinien-Anleihen, eine Umschuldung blockieren. Mit diesen Klauseln werden Gläubigerversammlungen installiert, die ähnlich einer Gesellschafterversammlung mit vergleichbaren Vorgaben für die Einberufung, Entscheidungskompetenzen und -voraussetzungen verbindlich entscheiden. Da bei Umschuldungen oft mehrere unterschiedliche Emissionen betroffen sind, sehen die Verfahren vor, dass die Gläubiger jeder einzelnen Emission entsprechende Mehrheiten erzielen müssen, um bindende Entscheidungen für alle Gläubiger zu treffen.
Zweite Neuerung ist eine Neufassung der Pari-passu-Klausel (Gleichbehandlungsklausel). Diese soll ausschließen, dass sich wie im Falle Argentiniens gegenseitig blockierende Ansprüche ergeben.
Der Verband kann die neuen Regeln lediglich vorschlagen. Ob sie tatsächlich genutzt werden, ist offen. Aber selbst wenn sie übernommen werden, werden sie erst Standard, wenn alle derzeit umlaufenden Anleihen ohne diese Klauseln ausgelaufen und getilgt sind.
Fazit: Die schnelle Reaktion des Verbands und der dahinter stehenden Finanzbranche zeigt deutlich den Handlungsbedarf, der hier entstanden ist.