Viele Anleger suchen gleichzeitig hohe Sicherheit, hohe Erträge und ständige Verfügbarkeit – die sprichwörtliche „eierlegende Wollmilchsau“. Das ist eine Kapitalanlage, die alle Vorteile – unabhängig vom Markt – in sich vereint. So fallen Anleger immer wieder auf dubiose Angebote herein. Auch etablierte Anbieter versuchen, mit hohem Marketingaufwand Kunden für neuartige Produkte zu gewinnen.
Ein Fall aus der Praxis Sabine Mariona erhält eine Werbebroschüre zu einer neuartigen Kapitalanlage, die sich an „professionelle Anleger“ richtet. Herausgeber ist die Fondsgesellschaft Fidelity, die mit mehr als 100 Fondsmanagern zu den großen weltweit tätigen Vermögensverwaltern zählt. Der Slogan zum neuen Angebot spricht für sich: „Für Anleger, die wissen wollen, womit sie rechnen können! – klare Strategie + handverlesenes Portfolio“. Der neue Fonds mit dem Namen „Fidelity Laufzeit 2018“ (LU 102 190 670 3) will mehrere Vorteile verbinden: Positive Rendite nach Inflation Planbarkeit, daher 4 Jahre Laufzeit 100% Kapitalerhalt nach 4 Jahren 3% jährliche Ausschüttungen als Ziel, nicht garantiert. Auf den ersten Blick erscheinen diese Eckdaten nicht spektakulär. Vereinfacht gesprochen, soll es sich um eine Anlage handeln, die jährlich 3% „Zinsen“ zahlt. Am Ende gibt es das Kapital zurück – vergleichbar einer 3%-Anleihe mit Fälligkeit im Jahr 2018. Der zweite Blick zeigt wichtige Facetten des Angebots: Der Fonds startet am 14.04.2014. Seine Liquidation erfolgt in vier Jahren, im April 2018. Allerdings ist nicht (!) garantiert, dass der eingezahlte Betrag zurückfließt. Ein klarer Nachteil gegenüber einer Anleihe. Es werden nur Anleihen gekauft, Aktien spielen keine Rolle. Ohne Frage ist das Fondsmanagement von Fidelity erfahren genug, um ein passendes Rentenportfolio zusammenzustellen. Aber der Blick auf den aktuellen Zinsmarkt zeigt, wie schwer das Unterfangen ist. Bundesanleihen mit vier Jahren Laufzeit bringen 0,5% Jahresrendite. Das reicht noch nicht einmal, um die Kosten für den Fonds (0,8% p. a.) zu verdienen. Fidelity muss auf eine Rendite von mindestens 3,8% p. a. kommen, um Kosten und Ausschüttungsziele zu erreichen. Aber auch Unternehmensanleihen mit einer guten Bonität (A) liefern gerade mal 1,3% p. a., bei schlechteren Bonitäten (BBB) werden derzeit knapp 2% erzielt. Fidelity will das Konzept mit einer Strategie umsetzen, die mindestens 60% Anleihen guter Bonität („Investmentgrade“) beinhaltet. Maximal 40% sog. Hochzinsanleihen mit Bonitäten im spekulativen Bereich kommen hinzu. Um zu prüfen, ob dieser Weg realistisch ist, lohnt sich das Nachrechnen: Wenn Fidelity es schafft, ein weltweit gestreutes „sicheres Portfolio“ mit 2% Renditeerwartung aufzubauen, muss der 40%ige spekulative Teil eine durchschnittliche Rendite von 4,5% erzielen, um die 3,8% Mindestrendite zu erreichen. Fidelity zeigt in der Präsentation auf, wie weltweit die Renditen „abgefischt“ werden sollen. 23% werden in Nordamerika, 25% in pazifischen Raum angelegt, die Währungsrisiken abgesichert. Fidelity prognostiziert nicht 3,8% Mindestrendite, sondern eine Rendite von 4,75% (vor Kosten) auf das Gesamtportfolio. Übertragen auf die o. g. Rechnung bedeutet dies, dass Fidelity knapp 9% Rendite für den 40% spekulativen Teil einkalkuliert. Damit ist „Luft“ nach oben, um mehr als die 3% Ausschüttung zu erzielen. Im schlimmsten Fall droht aber auch ein Vermögensverlust. Das Produkt ist gut durchdacht, aber die 3,8% Zielrendite sind ambitioniert. Fidelity muss im aktuellen Marktumfeld „hart am Wind“ fahren. Die Anfangskosten von 2,5% auf den Anlagebetrag schmälern zudem die Rendite. Diese lassen sich aber i. d. R. „wegverhandeln“. Will die Unternehmerin vor April 2018 an ihr Geld, wird eine Rücknahmegebühr von 2% fällig.
Fazit: Werbebotschaften für Kapitalanlagen sind stets kritisch zu hinterfragen. Das konkrete Angebot von Fidelity ist aber gut durchdacht, hat Chancen und Risiken. Der Anleger benötigt zweimal großes Vertrauen: in das Rentenmanagement des Fondsanbieters und dass die Rentenmärkte in den nächsten vier Jahren keine Kapriolen mit hohen Ausfallraten produzieren.
Hinweis: Prüfenswert ist das Angebot auch für Unternehmen, die wissen, dass sie die nächsten vier Jahre nicht an ihr Geld müssen. Häufig liegt dieses niedrig verzinst auf Fest- oder Tagesgeldkonten. Auch Stiftungen könnten es zur Beimischung in Betracht ziehen, da der Fonds ordentliche Erträge erzielt.