Nach Hamburg hat sich nun auch Bremen mit schärferen Gesetzen zur Flüchtlingsunterbringung gerüstet. Führen Verhandlungen vorab zu keinem Ergebnis, können die Behörden jetzt leerstehende Privatimmobilien beschlagnahmen. Die zuständige Bremer Senatorin Anja Stahmann (Grüne) will so zusätzliche Flüchtlingsunterkünfte schaffen, „auch wenn sich der Eigentümer verweigert“.
Eine Klage gegen die Beschlagnahme hat keine aufschiebende Wirkung im Hinblick auf die Flüchtlingsunterbringung. Die betroffenen Eigentümer können neben dem üblichen Rechtsweg einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung stellen. Diesem wird aber nur in besonders gravierenden Fällen stattgegeben. Das ist dann der Fall, wenn sich etwa durch die Beschlagnahmung für das Unternehmen oder den Privateigentümer ein großer wirtschaftlicher Schaden ergibt. Nach Angaben der Stadtverwaltung seien jedoch durch das Gesetz derartige gravierende Fälle vorab ausgeschlossen. Die Behörden wollen auch auf vermeintliche Scheinnutzung hin überprüfen.
Für betroffene Unternehmen verspricht Senatorin Stahmann „angemessene Entschädigungen“. Diese werden von der Sozialbehörde in Zusammenarbeit etwa mit der Wirtschaftsförderung Bremen oder Immobilien Bremen festgesetzt. Sie sollen sich an den ortsüblichen Preisen für Gewerbeimmobilien orientieren. Werden die Flüchtlinge nur in einem Teil des Gebäudes untergebracht, können die Eigentümer auch für das restliche Gebäude eine Entschädigung verlangen, falls sich dieses nicht mehr in angemessenem Umfang nutzen lässt.
Das Gesetz erlaubt auch nötige und zumutbare bauliche Veränderungen für die Unterbringung. Die Eigentümer wiederum können bei der Rückgabe der Immobilie den ursprünglichen Zustand verlangen – sofern dies nicht „unverhältnismäßig“ ist, wie es im Gesetz sehr unkonkret heißt.
Mit dem Gesetz verschafft sich Bremen ein letztes Mittel, falls Insolvenzverwalter oder Firmen auf Anfragen nicht reagieren oder mit Fantasiepreisen ihre Bilanzen auffrischen wollen. Die Behörden sollen die Gebäude per Gesetz nur dann beschlagnahmen, wenn alle sonstigen Unterkünfte erschöpft sind, und das nur so lange wie erforderlich. Das neue Gesetz gilt vorerst bis März 2017 und bezieht sich auf Gebäude mit mindestens 300 m² Nutzfläche.
Für dieses Jahr rechnen Bremen und Bremerhaven mit etwa 12.500 Asylbewerbern. Doch gilt diese Prognose angesichts der explodierenden Flüchtlingszahlen schon wieder als veraltet. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr mussten Bremen und Bremerhaven rund 2.750 Asylsuchende unterbringen, 2013 waren es 1.300.
Fazit: Mit dem Gesetz schafft sich nach Hamburg auch Bremen für den Extremfall eine ultimative Handlungsoption. Andere Bundesländer dürften folgen. Angesichts des extremen Zustroms bei einsetzender Kälte sollten Besitzer leerstehender Immobilien mit solchen Beschlagnahmungen rechnen.