Die neue Stadtflucht
Der lange Jahre anhaltende Zuzug in die Städte ist vorbei. Die Deutschen ziehen wieder vermehrt aufs Land. Das zeigt eine Studie des renommierten Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. In den vergangenen zwanzig Jahren war es genau umgekehrt, die Menschen zogen vor allem vom Land in die Großstädte.
Ein wesentlicher Grund dafür war, dass immer mehr Jugendliche Abitur machen und danach studieren. Der Anteil der Schüler, die Abitur machen, wuchs von unter einem Drittel zu Anfang des Jahrhunderts auf über 40% im Jahr 2018). Nach dem Studium blieben sie häufig in den Uni-Städten oder zogen zur Familiengründung ins direkte Umland. Viele ländliche Regionen, vor allem in Ostdeutschland und in den westdeutschen Mittelgebirgen, verloren so stetig Einwohner, Arbeitsplätze und Infrastruktur.
Immer mehr Menschen wollen auf dem Land wohnen
Dieser Trend hat sich in den vergangenen Jahren gedreht. Es ziehen inzwischen wieder mehr Menschen von der Stadt aufs Land als vom Land wegziehen. Zwar ist die Corona-Pandemie einer der Treiber der Entwicklung, aber andere Faktoren kommen hinzu. Das sind vor allem die teuren Immobilienpreise in den Städten, die Digitalisierung und neue Arbeitswelten. Besonders jene, die nach dem Studium in den Beruf eintreten (Alter 25 bis 29 Jahre) und Familien (30 bis 49 Jahre bzw. unter 18) ziehen seit wenigen Jahren wieder in die ländlichen Regionen.
Es gibt keine Wegzugsregionen mehr
Zwischen 2018 und 2020 (aktuellste verfügbare Zahlen) gab es kaum noch klare Wegzugsregionen. Viele Regionen, darunter auch Städte, stagnierten. Und viele ländliche Regionen, aus denen zuvor die Menschen weggezogen sind, gehören jetzt zu den Zuzugsgewinnern. Das gilt sogar dann, wenn sie weit entfernt von Großstädten liegen.
Die Preise in den ehemaligen Wegzugsregionen werden dennoch nicht sehr bald steigen. Denn die Gemeinden dort schrumpfen trotz Zuzug weiter. Die Bevölkerung in den ländlichen Gemeinden ist nach dem jahrelangen Wegzug überaltert. Die Sterberate liegt so weit über der Geburtenrate, dass sie auch von dem positiven Zuzug noch nicht ausgeglichen werden kann. Daher wird das Immobilienangebot in den früheren Wegzugsregionen noch weiter steigen. Der Zuzug sorgt aber dafür, dass die Preise nicht ins Bodenlose fallen. Bei der voraussichtlich in diesem Jahrzehnt erstmals sinkenden Bevölkerung des Landes haben Immobilien in ländlichen Regionen weiterhin ein großes Risiko für Wertverlust.