Falle beim Ausstieg
Umschuldung ist nicht immer einfach. Was Sie beachten sollten.
Sabrina Petri ist glückliche Hausbesitzerin. Vor gut 11 Jahren hat sie ihr Traumhaus gebaut. Kosten einschließlich Grundstück: 1,2 Mio. Euro. Die heute 52- jährige Unternehmerin setzte damals 300.000 Euro Eigenmittel ein. Den Rest finanzierte ihre Bank vor Ort. Laufzeit der Kreditverträge: 5 Jahre. 2008 liefen diese aus. Die Firmenchefin tilgte einen kleinen Teil der Schuld. Den Rest prolongierte sie bis 2018. Aktuelle Kondition: 4,95% Zinsen mit 1% Tilgung. Die Restschuld heute: ca. 750.000 Euro. Nun ärgert sie sich darüber. Petri zahlt hohe Zinsen für ihr Eigenheim, bekommt für ihr Sparguthaben nahezu Null Zinsen. Noch mehr erzürnt sie, dass der Finanzierungszins für neue Darlehen so günstig ist. Im Ärger trifft sie eine weitere Fehlentscheidung. Sie will ihre Darlehen umschulden. Übers Internet findet sie eine Bank mit sehr günstigen Konditionen: 1,95% für 10 Jahre Laufzeit. Mit hoher Tilgung ist sie in 10 Jahren nahezu schuldenfrei. Zusätzlich vereinbart sie noch Sondertilgungsrechte – um noch schneller alles abzahlen zu können. Bevor sie den Darlehensvertrag unterschreibt, fragt sie bei ihrer Regionalbank nach, ob sie die Kredite vorzeitig zurückzahlen darf. Antwort: Kulanterweise ja, nur muss sie die Vorfälligkeitsentschädigung zahlen. „Dann ist ja alles klar“, denkt sich die Unternehmerin und schließt den neuen Darlehensvertrag ab. Doch der Schrecken kommt, als die alte Bank ihr die Details mitteilt. Knapp 170.000 Euro soll sie als Vorfälligkeitsentschädigung zahlen. Das entspricht fast dem Wert der bei Fortführung des Vertrags zu zahlenden Darlehenszinsen. Die Bankberaterin erklärt, sie habe richtig gerechnet. Die Bank akzeptiert zwar die vorzeitige Tilgung. Aber sie muss das Tilgungskapital wieder anlegen – und auch Banken bekommen dafür nur einen Zinssatz knapp über Null Prozent. Daher auch der hohe „Schaden“, den die Bank der Kundin berechnet. Erschreckt wendet sich die Unternehmerin an einen Honorarberater. Doch der erkennt schnell: Die Unternehmerin hat sich in eine Falle manövriert. Die Bank hat im Kern Recht. Anders hätte die Bank rechnen müssen, wenn die Unternehmerin das neue Darlehen bei derselben Bank gewählt hätte. Dann wäre der „Schaden“ für die Bank geringer ausgefallen. Denn sie verdient ja wieder an den Darlehenszinsen. Frau Petri hat sich verkalkuliert. Sie zahlt bis 2018 zweimal: Fast alle Zinsen fürs erste Darlehen (jetzt in einer Summe) und die niedrigeren Zinsen für das neue Darlehen. Der Finanzplaner formuliert es als wichtige Regel: „Schließe nie einen neuen Darlehensvertrag ab, bevor du nicht weißt, ob die Bank eine Kündigung akzeptiert“ – das hat Sabrina Petri korrekt gemacht – „... und zweitens, wie hoch die Vorfälligkeitsentschädigung ist!“ – das hat sie versäumt. Es gibt aber noch einen (Aus-)Weg, den sie prüfen könnte: Eventuell hat ihre erste Bank 2008 eine nicht gültige Widerrufsbelehrung vorgelegt. Dann wäre der alte Darlehensvertrag nicht gültig und müsste rückabgewickelt werden. In diesem Fall würde auch keine Vorfälligkeitsentschädigung anfallen. Es gibt mehrere Anwaltskanzleien, die eine kostenlose Vorabprüfung anbieten. Ein Königsweg aus juristischer Sicht – doch wohl fühlt sich die Unternehmerin nicht dabei. Denn sie pflegt eine langjährige gute Beziehung mit ihrer Regionalbank. Frau Petri hat noch eine andere Idee. Sie kauft sich noch schnell eine weitere Immobilie und mittels „Pfandtausch“ wird das bisherige Darlehen von der alten Bank auf die neue Immobilie umgeschrieben. Doch das macht nur Sinn, wenn sie aus vermögensstrategischen Überlegungen ihren Immobilienbestand erweitern würde. Aber jetzt „Hals über Kopf“ zu investieren – das sieht nicht nach einer fundierten Entscheidung aus. Überlegenswert sind Umschuldungen erst dann, wenn das Ende der Zinsbindung naht. Faustformel: Maximal zwei Jahre vorher lohnt sich die Prüfung einer Neufinanzierung. Dafür können sog. „Forward“-Darlehen genutzt werden. Das Darlehen wird erst in Zukunft ausgezahlt – es gelten dann aber die aktuellen Zinsen plus einen kleinen Zinsaufschlag. Dabei gilt: Je länger die Vorlaufzeit, desto teurer. Für ein 10-Jahres-Darlehen müsste Frau Petri aktuell 2,4% Nominalzins zahlen, wenn es in zwei Jahren ausgezahlt werden soll. Würde sie das Geld in einem Jahr benötigen, sinkt der Zinssatz auf ca. 2,1% – im Vergleich zu 1,95% bei sofortiger Auszahlung (s.o.). Die andere Alternative: Ca. 1 Jahr vor Ende der Zinsbindung wird ein neuer Darlehensvertrag verhandelt. Dabei wird fixiert, dass im ersten Jahr keine Bereitstellungszinsen für nicht ausgezahlte Darlehensbeträge anfallen. Die Ablösung erfolgt dann in einem Jahr – bis dahin kostet das neue Darlehen nichts.