Streit um Berliner Mietspiegel
Für Berliner Mieter und Vermieter herrscht (schon wieder) Rechtsunsicherheit. Zankapfel ist der neue Mietspiegel. Prof. Dr. Steffen Sebastian, Vorsitzender der gif-Mietspiegelkommission und Sachverständiger zur Mietspiegelreform des Deutschen Bundestages hält ihn für rechtswidrig. Kritikpunkt: Der Spiegel führe einfach den bisherigen fort. Das sei rechtlich unzulässig. Er empfiehlt die zügige Erstellung eines neuen. Der rot-rot-grüne Berliner Senat hält dagegen. Seiner Ansicht nach ist die Kritik unbegründet. Man denke gar nicht daran, einen neuen aufzulegen, heißt es.
Zunächst gilt der neue Mietspiegel. Und zwar solange bis jemand klagt und ein Gericht den Spiegel kassiert. Dann allerdings öffnet das Mieterhöhungen Tür und Tor. Es drohen soziale Härten. Denn so schnell wird dann kein rechtsgültiger qualifizierter Mietspiegel vorliegen können. Berlin müsste dann auf die einfache Variante mit Durchschnittsmieten zurückgreifen.
Senat hält sich nicht an Mietspiegel-Methodik
Zum Hintergrund: Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen hat Anfang Mai einen qualifizierten Mietspiegel veröffentlicht. Von einem qualifizierten Mietspiegel (§558d BGB) ist die Rede, wenn dieser nach wissenschaftlichen Standards und unter Einbeziehung von Mieter- und Vermieter-Verbänden erstellt wurde. Er muss vom Lokal-Parlament – in dem Fall dem Berliner Abgeordnetenhaus – anerkannt werden und ist dann für zwei Jahre gültig. Einmal darf er verlängert werden, dann muss ein neuer erstellt werden. Eine zweite Fortschreibung ist unzulässig.
Genau das ist laut Sebastian aber der Fall: Der qualifizierte Mietspiegel von 2017 wurde 2019 fortgeschrieben und läuft 2021 aus. Der neue Mietspiegel wurde auf Grundlage des alten entworfen, laut dem Mietspiegel-Experten eine unzulässige Fortschreibung. Die Methodik der Erstellung sei falsch. Auch die Zustimmung des Abgeordnetenhauses wurde bisher nicht eingeholt. Ergo: Der vorgelegte Mietspiegel ist rechtwidrig.
Berlin vertritt eine andere Auffassung
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen vertritt eine andere Auffassung. Der Mietspiegel sei nach dem vorgeschriebenen Verfahren zustande gekommen, alle Verbände seien schließlich daran beteiligt gewesen.
Aus beteiligten Kreisen erfahren FUCHSBRIEFE jedoch, dass bei der Erstellung des neuen Mietspiegels selbstverständlich der alte als Grundlage herangezogen wurde. Alles vorherige zu verwerfen, um dann wieder bei null anzufangen, sei ineffizient und in der Praxis noch nie gemacht worden, sagt man uns. Damit gibt man hinter vorgehaltener Hand bereits zu verstehen, dass man sich bewusst ist, dass es bei der Erstellung zumindest formal nicht "astrein" gelaufen ist.
Fazit: Schon wieder steht ein Gerichtsverfahren um die Berliner Mietenpolitik bevor. SPD und Linke bekommen ihr(e) Mietdebakel in der Wählergunst der Berliner bereits zu spüren. Nur an den mitverantwortlichen Grünen bleibt politisch bisher nichts haften.