Auktionshäusser fokussieren immer häufiger auf kleine, aber wirtschaftlich aussichtsreiche Marktsegmente. Das treibt in diesen die Preise – führt aber auch dazu, dass Kunstfreunde immer häufiger skeptisch die Frage nach dem Preis von Kunstwerken stellen. Das Kerninteresse hinter der Frage ist, eine möglichst hohe Gewissheit darüber zu erlangen, ob das Kunstwerk, das man schon gekauft hat, seinen Wert behält. Oder ob das, das man kaufen möchte, fair bewertet ist.
Befeuert wird die Suche nach Preis-Sicherheit durch die wachsende Digitalisierung. Früher waren Preise von Kunstwerken bestens gehütete Geschäftsgeheimnisse der Kunsthändler, Galeristen und Auktionshäuser. Die eigentliche Währung aller Beteiligten war ein unbedingtes Vertrauen zueinander.
Die Digitalisierung des Kunstmarktes führt allmählich zu einer Erosion dieses Vertrauens. Stets verfügbare Datenbanken mit Preishistorien bringen Transparenz in die langfristige Preisentwicklung. Dabei säen sie auch Misstrauen in jeden aufgerufenen Preis für ein Kunstwerk. Auch die Preislisten bei Galeristen laden inzwischen zum Vergleich ein.
Die neue Transparenz hat scharfe Folgen für alle Marktbeteiligten und wirkt direkt auf die Angebots- und Preisgestaltung ein. Anbieter agieren natürlich systematisch mit dem Ziel der Gewinnmaximierung. Darum fokussieren sie auf erfolgversprechende Kunst und verstärken somit Trends. Zugleich wählen sie durch Weglassen aber auch aus. Im Markt zeigen sich zwei wesentliche Mechanismen und Schlussfolgerungen:
Am Kunstmarkt bestimmen Auktionen maßgeblich den Wert von Kunstwerken. Nur, wer in diesem Markt bereits etabliert ist, ist ein wichtiger Künstler.
Kunst, die nicht zugeschlagen wird, ist schlecht. Und: Ein zugeschlagener Preis ist der faire Wert des Kunstwerkes und des Künstlers.
Diese Ableitungen sind aus Sicht von Kunstkäufern jedoch falsch. Denn gerade die Werke junger (auch aussichtsreicher) Künstler haben es oft sehr schwer, überhaupt bei Auktionshäusern Annahme zu finden. Sie sind ein wirtschaftliches Risiko. Es gibt nämlich keine Auktionshistorie. Der wirtschaftliche Erfolg ist für den Auktionator schwer kalkulierbar. Hinzu kommt: Viele erfolgreiche Künstler bleiben im Auktionsmarkt unberücksichtigt, weil sie direkt aus dem Atelier oder über Galerien verkaufen. Sie gelten aber als nicht relevant, da sie in den Preisdatenbanken der Auktionshäuser nicht erfasst werden.
Die Fokussierung auf Auktionsergebnisse leitet Investoren fehl. Ob ein Zuschlag erteilt wird, ist oft zufällig und nicht immer eine Frage der Qualität des Werkes. Ein Beispiel: Koller (Zürich), Grisebach (Berlin) und Lempertz (Köln) boten alle am 2.12. hochwertige Moderne Kunst an. Interessenten mussten sich also verteilen. Zwar kann auch per Telefon oder Internet geboten werden. Gewisse Zweifel an der Zuverlässigkeit der Technik begrenzen jedoch die Nachfrage. Darum bleibt manches Qualitätvolle liegen. Hinzu kommt, dass Kunstobjekte zumeist Unikate sind, dem Zeitgeschmack unterliegen oder auch eine Liebhaberkomponente haben. Auch das macht die Preisbildung individuell.
Daher kann es zu einem Mispricing kommen. Nach wie vor sind viele Vertreter der Malerei des 19. und frühen 20. Jahrhunderts eher fehlbewertet. Diese Unterbewertung baut sich seit ca. 18 Monaten ab. Auktionshäuser in Wien und Zürich sowie der süddeutsche Handel berichten von einer deutlichen Marktbelebung. Dies betrifft die Preissteigerungen und Transaktionsquoten. Besonders auffällig waren deutliche Preissteigerungen bei Albert Anker, Oskar Mulley oder Alfons Walde. Auch Maler der 2. Reihe wie Edward Theodore Compton, Hugo Kauffmann oder Fritz von Uhde können punkten.
Fazit: Die zunehmende Digitalisierung im Kunstmarkt macht Preisvergleiche einfacher. Das wird insbesondere das Angebot zunehmend kanalisieren und Preistrends damit verstärken. Liebhaber sollten nicht vergessen, den Blick auch weiter in die aussichtsreiche zweite Reihe zu richten.