Die Kunst-Karawane zieht in neue Gefilde. Asien-Pazifik, Südamerika und sogar Afrika sind die Zielräume. Damit folgen die traditionell in Europa und Nordamerika angesiedelten Auktionshäuser, Kunsthändler, Trusts und Museumsagglomerate der Spur des Geldes. Sie gehen dorthin, wo der neue Reichtum ist.
So ist Christie`s heute in der Asien/Pazifik-Region in Australien, China, Indien, Malaysia, Singapur, Thailand und Korea unterwegs. Auch Mexiko, Argentinien, Brasilien und Chile sind keine weißen Flecken auf der Präsenzkarte mehr. Kunstmessen wie die Art Basel haben mittlerweile Ableger in Hongkong. Wichtige internationale Galerien haben ihre Dependancen in der City. White Cube (London), der Franzose Perrotin, Gagosian (New York), Pearl Lam (Shanghai), Simon Lee (London) und Lehmann Maupin (New York) haben sich dort niedergelassen.
Die Verstärkung mit Präsenzen und Repräsentanzen ist auch in Südamerika und Nordafrika zu beobachten. Traditionell waren in Nordafrika eher französische Kunsthändler und Auktionshäuser sichtbar. Dies hat sich inzwischen ganz offensichtlich geändert. Die multinationalen Global Player setzen auch hier ihre Duftmarken. Eine stetig wachsende, internationale Galerienszene in Dubai und die Biennale in Sharjah sowie Kunstmessen in Dubai und in Abu Dhabi setzen Akzente.
Die Vereinigten Arabischen Emirate entwickeln sich sogar immer mehr zu einem Mekka der zeitgenössischen Kunst. Die Chance, den schwerreichen Ölscheichs vor Ort die Ikonen des westlichen Kunstbetriebes zu offerieren, lassen sich Häuser wie Continua, Hauser & Wirth, Lisson Gallery sowie David Zwirner nicht entgehen.
Gleichzeitig legen die lokalen Verantwortlichen gesteigerten Wert darauf, die lokale junge Kunstszene zu fördern. Geschickt werden erfolgreiche Newcomer wie Alia Al Farsi, Rabha Mahmud oder auch Jaber Al Azmeh gefördert. Sie könnten schon bald überregionale Bedeutung erlangen. Motoren dieser Entwicklungen sind oftmals einzelne Mitglieder der Herrscherhäuser mit polyglott-globalem Hintergrund.
Ob die Kalkulationen der Akteure des internationalen Kunstmarktes hinsichtlich der Globalisierung aufgehen, ist noch nicht gewiss. Die vielen nationalen und internationalen Krisen setzen der Nachfrageseite des Marktes zu. Der Reichtum vieler Käufer aus den aufstrebenden Märkten hängt von den Rohstoffpreisen ab. Das bremst deren Kauflust momentan. Selbst wenn viele Vermögende dies nur als „Buchverlust“ erlebt haben – sie spüren dennoch eine psychologische Grundverunsicherung.
Das spiegelt sich auch in der Kunstindustrie, besonders in den BRIC-Staaten. Es ist ruhig geworden um die großen Investitionen der Ölförderstaaten in ihre kulturelle Infrastruktur. Wo Projekte laufen, werden sie weitergeführt oder auch zeitlich gestreckt. Louvre Abu Dhabi, Zayed National Museum und Guggenheim Abu Dhabi heißen die Projekte im Saadiyat Cultural District in Abu Dhabi. Katar glänzt mit dem „Arab Museum of Modern Art”. Seit 2010 werden hier aktuelle Positionen arabischer Kunst gezeigt. Sehenswert ist das MIA (Museum of Islamic Art).
Fazit: Der Kunstbetrieb sucht neues Wachstum in der Globalisierung und folgt der Spur des Geldes. Allerdings drückt die wirtschaftliche Unsicherheit das Sachwertargument für Kunst in den aufstrebenden Ländern aktuell in den Hintergrund. In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit leiden Kunstsachwertanlagen zuerst. Das trifft jetzt gerade die aufstrebenden Länder. Für Kunstinteressierte und langfristig denkende Liebhaber ist das aber eine gute Zeit, sich einen Überblick über neue Trends, Künstler, Stilrichtungen und Kunst-Zentren zu verschaffen.
Hinweis: Im November wird die Abu Dhabi Art Fair wieder mit einem interessanten Rahmenprogramm mehr als 30 internationale Galerien präsentieren.