Der dominierende Käufertypus am Kunstmarkt ändert sich – und verändert damit den gesamten Markt. Früher hieß es: Kunstsammler agieren im Verborgenen. Den Markt beobachten, Kontakte knüpfen, Auktionen meiden, kaum in Erscheinung treten und über lange Zeiträume eine prägnante Kollektion aufbauen – diesen Sammlertyp findet man heute immer weniger. Das Auftauchen neuer Sammlerschichten aus den Emerging Markets und neue Ziele von Sammlern verändern das Marktgeschehen.
Der Generationenwechsel zeigt sich vor allem auf internationalen Auktionen. Denn der neue Sammlertypus fokussiert stärker auf eine schnelle Preissteigerung. Daher konzentrieren sich die Sammler auf bekannte und große Namen. Denn das Risiko, mit Käufen der 100 bis 200 Marktführer falsch zu liegen, ist geringer als bei Newcomern der Szene.
Die Preisentwicklung bestätigt diese Strategie. Die Preise für Ölgemälde von Fernand Léger stiegen in den letzten 15 Jahren um 332%, Roy Lichtensteins Gemälde um 442% oder Gemälde von Gerhard Richter um 634% (Quelle: Artprice.com). Dies ist Ausdruck der immer stärkeren Konzentration der Marktteilnehmer auf Werke der 100-200 Marketleader.
Das strahlt auch auf die Auktionshäuser aus, die ihr Angebot entsprechend gestalten. Die beiden Marktführer Christie's und Sotheby's setzten im 1. Halbjahr 2015 auf globale Markennamen und Nobelkünstler wie Monet, Degas, Richter, Polke, Léger u. a. Sotheby's punktete z. B. mit Roy Lichtensteins „The Ring“ von 1962 für 41,7 Mio USD oder Sigmar Polkes „Dschungel“ von 1967 für 27,1 Mio USD.
Eher Traditionelles hatte Christie's im Angebot. So etwa standen Fernand Légers „Le Corsage Rouge“ für 17 Mio. USD oder Leinwände von Monet und Degas für 16,4 bzw. 12 Mio. USD im Saal.
Begleitet wird dieser Prozess der Marktveränderung durch einen gewaltigen Investitionsschub der Auktionshäuser und Großgalerien. Sie verstärken insbesondere ihre Vermarktungsmaschinerie. Neue Showrooms und ausgefallene Ansprachen sollen die Kundenbindung erhöhen. Das inszenierte Event des Kunstkaufs scheint sich vor das eigentliche Kunstwerk selbst zu setzen. Bezeichnend dafür ist das Verhalten der Protagonisten auf Auktionen und Vernissagen. Beifall für erfolgreiche Zuschläge und Champagnerkorkenknallen signalisieren eher, dass da jemand ist, der es sich leisten kann, als jemand, der auch etwas von Kunst versteht.
Daneben fällt uns eine „Berater- und Experten-Inflation“ auf. An einer Vielzahl von Käufen – insbesondere im Hochpreissegment – wirken inzwischen etliche Berater, Kunstwissenschaftler und Kustoden mit. Die sollen dem Käufer glaubhaft machen, warum das jeweilige Kunstwerk wichtig und damit teuer ist.
Besonders in Asien vermelden die internationalen Großauktionäre derzeit häufig Topzuschläge. Der Markt munkelt allerdings, dass es gelegentlich Probleme mit der Bezahlung der Ware gibt und manch schönes Geschäft sich alsbald in Luft auflöst.
Fazit: Der Kunstmarkt wandelt sich gewaltig. Insbesondere neue, junge Käuferschichten drücken ihm ihren Stempel auf und stellen althergebrachte Regeln auf den Kopf. Das führt inzwischen zu deutlich spürbaren Verschiebungen auf der Anbieterseite und dort zu einer schärferen Fokussierung z. B. auf Marketing. Käufer sollten das bei ihrer Bewertung von Stücken berücksichtigen