Handlungsbedarf bis Mitte 2016
Dem Gesetzgeber steht ein weitreichender Gestaltungsspielraum zur Verschonung unternehmerischen Vermögens zu. Die dadurch bewirkte Ungleichbehandlung zulasten von Erwerbern sonstigen Vermögens muss aber verhältnismäßig ausfallen.
Bei der Übertragung großer Unternehmen ist entweder eine Einschränkung der Verschonung oder aber eine über das heutige Maß hinausgehende Bedürfnisprüfung erforderlich, um festzustellen, ob die Erwerber von Großunternehmen eine Erbschaftsteuerbelastung nicht doch (z. B. aus privaten Mitteln) tragen können.
Bei kleinen und mittleren Unternehmen hat der Gesetzgeber diesen Maßstab weitgehend eingehalten. Nicht betroffen sind Betriebe mit weniger als 250 Arbeitnehmern und einem Jahresumsatz / einer Bilanzsumme von höchstens 50 Mio. / 43 Mio. Euro.
Der geltende Verschonungsmechanismus, bestehend aus den Komponenten Verwaltungsvermögenstest, Lohnsummenkontrolle und Behaltensfrist, ist in seiner grundsätzlichen Konzeption verfassungsgemäß.
Soweit Betriebe, die nicht mehr als 20 Arbeitnehmer haben, von der Lohnsummenkontrolle ausgenommen sind, verstößt das Gesetz gegen Verfassungsrecht. Es ist auch Kleinbetrieben zumutbar, die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter zu überwachen und für die Dauer von 5 bzw. 7 Jahren einzuhalten. Ausnahmen sind allenfalls für Betriebe mit „einigen wenigen Mitarbeitern“ denkbar.
Unvereinbar mit dem Grundgesetz ist auch die beim Verwaltungsvermögen geltende „Alles-oder-Nichts-Regelung“. Dabei wird die Begünstigung bis zu einer Verwaltungsvermögensquote (Anteil des schädlichen Verwaltungsvermögens am gemeinen Wert des Unternehmens) von 50% ganz, bei Überschreiten dieser Grenze jedoch gar nicht gewährt. Eine verfassungsmäßige Ausgestaltung der Regelung gebietet es, die Begünstigung nur bezogen auf das produktive Vermögen zu gewähren.
Damit verwirft das Bundesverfassungsgerichts auch die sog. „Holdingklausel“. Nach dieser Klausel ist bei Tochter- und Enkelgesellschaften jeweils ebenfalls nur die 50%-Grenze einzuhalten. Unterhalb der Schwelle zählt die Beteiligung an einer Tochter- oder Enkelgesellschaft im Betriebsvermögen nicht als Verwaltungsvermögen.
Nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist schließlich, dass die derzeitige Gesetzeslage nach wie vor Umgehungsgestaltungen ermöglicht. So kann etwa die Lohnsummenkontrolle vermieden werden. Zudem können die Voraussetzungen einer (Voll-)Verschonung durch geschickte Strukturierung des Unternehmens herbeigeführt werden. Zu diesen Tricks gehört die bis Juli 2013 mögliche sog. „Cash-GmbH“.
Fazit: Durch die Kombination der wahrscheinlichen Neubewertung der Immobilienvermögen mit neuen Vorschriften sind Mehrbelastungen beim Vererben/Verschenken von Unternehmen zu erwarten. Bei rechtzeitigem Handeln schließen Sie dies wahrscheinlich ganz oder teilweise aus.