Vertrickt ins neue Steuerwirrwarr
Das Investmentsteuergesetz, das seit Jahresanfang gilt, sorgte für gut gefüllte elektronische Briefkästen. Der Gesetzgeber hat sein Versprechen, dass Fonds, die vor dem 01.01.2009 gekauft wurden, „lebenslang" von der Steuerzahlung auf Kursgewinne aus Aktien und Renten befreit sind, gebrochen. Ab sofort gilt gleiches Recht für alle. Auch diese Altfonds unterliegen künftig mit allen Erträgen der Abgeltungsteuer.
Um den Vertrauensbruch nicht übermäßig erscheinen zu lassen, wurden großzügige Freibeträge gewährt. Jeder Steuerpflichtige kann einmalig 100.000 Euro noch einmal ohne Abgeltungsteuer einnehmen; damit werden insbesondere Kleinsparer geschützt. Dann aber ist es endgültig mit dem Privileg vorbei.
Fonds genauestens prüfen
Nehmen Sie dies zum Anlass, die betreffenden Fonds bezüglich ihrer Kosten und Qualität zu prüfen. Die Beratungspraxis zeigt nämlich, dass viele Fonds, die 2008 oder vorher eine hohe Güte zeigten, heute z. B. durch Managerwechsel schlecht performen.
Vermögende mit diesen Altfonds sollten daher eine „Schattenbuchführung" führen. Überwachen Sie, wann diese Altfonds 100.000 Euro Gewinne erzielt haben. Natürlich können sie diese Aufgabe auch delegieren. Wichtig ist aber, dass dieser das Gesamtvermögen bzw. alle betreffenden Fonds im Blick hat.
Steuerliche Neuheit
Der Gesetzgeber hat zum Jahreswechsel eine weitere steuerliche Neuerung parat: die sog. „Teilfreistellung". Jeder Investmentfonds wird künftig danach eingeordnet, wie viele Aktien er hält – unabhängig von der jeweiligen Marktphase – und dies auch in seinen Anlagebedingungen dokumentiert hat.
Die Auswirkungen für die Besteuerung sind erheblich. Wer z. B. einen Mischfonds im Bestand hat, der in Aktien, Renten, Rohstoffe und andere Vermögenswerte investieren darf, aber mindestens 51% in Aktien hält, profitiert von 30% Teilfreistellung. Nur 70% der Erträge unterliegen also der Abgeltungsteuer. Personengesellschaften profitieren von 60% bei der Einkommensteuer und 30% bei der Gewerbesteuer. Kapitalgesellschaften sogar 80% bei der Körperschaftssteuer und 40% bei der Gewerbesteuer. Beträgt die Mindestbeteiligungsquote zwischen 25% und 50%, wird die Hälfte der o. g. Werte von der Steuer freigestellt.
Die Auswirkungen dieser Regelungen an einem Beispiel: Ein privater Mischfonds-Anleger, der 100.000 Euro Veräußerungsgewinn erzielt, behält nach Steuern 72.000 Euro (inkl. 9% Kirchensteuer), wenn sein Fonds keine Freistellung hat; es sind 76.200 Euro, wenn der Fonds eine 15% Teilfreistellung hat, und 80.400 Euro, wenn die höchste Freistellung von 30% vorliegt.
Weitere wichtige Dimension
Künftig wird also eine weitere Dimension in der Entwicklung und Überwachung einer Vermögensstrategie wichtig. Die Optimierung der Nachsteuerrendite durch die geeignete Wahl der Finanzinstrumente. Die Daten sind bei den jeweiligen Fondsgesellschaften erhältlich. Bei reinrassigen Rentenfonds ist allerdings von vornherein klar: Hier gibt es keine Freistellung. Aber bei Aktienfonds kann es sein, dass der Fondsmanager auf Flexibilität setzt und deshalb keine Mindestbeteiligungsquote festgelegt hat. Prompt sind seine Gewinne zu 100% zu versteuern, ein vergleichbarer Fonds hat dagegen nur 70% Steuerquote.
Besonders tückisch ist es bei Mischfonds und Absolute Return-Fonds. Hier lässt sich nicht voraussagen, wie die Fonds mit dem Investmentsteuergesetz umgehen. Nur der Blick in die (neuen) Anlagebedingungen gibt die notwendige Klarheit.
Fazit: Privatanleger, Kapital- und Personengesellschaften sind gleichermaßen betroffen. Die Empfehlung daher: Alle Depots mit Investments im Laufe der nächsten Monate prüfen (lassen).