Der gute Anlagevorschlag
Wer sein Vermögen anlegen will, benötigt einen guten Ratgeber. Seit mehr als 10 Jahren untersucht die Private Banking Prüfinstanz, der Zusammenschluss von Verlag FUCHSBRIEFE und Dr. Richter | IQF, den Markt der Vermögensmanager und präsentiert die Ergebnisse dieser Auswahlprozesse im November jeden Jahres. Worauf ein Anleger beim Anlagevorschlag achten sollte, zeigt dieser Beitrag.
Ein Fall aus der Praxis
Die Eheleute Rechtbold möchten 3.000.000 EUR neu in Wertpapieren anlegen. Der Ruhestand ist in fünf Jahren geplant. Fünf Banken und Vermögensverwalter gehen ins Rennen. Alle wirken im ersten Gespräch sehr kompetent. Doch in die engere Wahl sollen nur zwei kommen. Zur Vorauswahl dieser beiden wollen die Eheleute die schriftlichen Vorschläge der fünf Häuser vorab erhalten. Sie bewerten diese anhand von sechs Prüffragen.
1.: Haben wir vor Zusendung des Anlagevorschlags ein gesondertes Gesprächsprotokoll erhalten? Schnell schleichen sich in einer Beratung Missverständnisse ein. Ohne ein Gesprächsprotokoll wird das nicht sichtbar. Qualitätsorientierte Häuser senden das Dokument vor der Entwicklung des konkreten Vorschlags zu. Rechtbolds sollten es drei bis fünf Tage nach der Beratung mit der Post erhalten. Gute Protokolle beinhalten die Ausgangssituation, die finanziellen Eckdaten zum Vermögen und das konkrete Beratungsanliegen. Auch die persönliche Lebenssituation ist dokumentiert und natürlich der konkrete Anlagewunsch.
Aber auch die Ratsuchenden werden mit einem Protokoll in die Pflicht genommen. Sind Fehler in der Dokumentation vorhanden, müssen Rechtbolds diese den Beratern mitteilen. Ansonsten sind sie mit verantwortlich, wenn die Vermögensstrategie nicht passt.
2.: Ist der Anlagevorschlag für uns auch nachvollziehbar und verständlich gestaltet? Wenn diese Eigenschaften fehlen, viele Fremdwörter und Fachbegriffe zu lesen sind und man schnell die Lust verliert, weiterzulesen, ist Skepsis angebracht. Denn offensichtlich kann oder will der Vermögensverwalter nicht kundengerecht kommunizieren. Das ist ein deutliches Manko und zugleich Indiz für die Kommunikation in der weiteren Geschäftsbeziehung.
Ein guter Vorschlag benötigt nicht zig Seiten, um die Bank oder die allgemeine Marktentwicklung darzustellen. Schließlich geht es um den Kunden. Er gehört in den Mittelpunkt der Ausarbeitung.
3.: Passt die vorgeschlagene Vermögensstrategie zu uns und unseren Zielen? Schnell holen Vermögensmanager ihre „Standardstrategien" aus der Schublade. Daher sollten Rechtbolds darauf achten, dass sie ihre Anliegen im Vorschlag wiederfinden. Sie hatten u. a. vorgegeben: maximale Verlust bei 10% pro Jahr und Klarheit zu der Frage, welche Entnahmen im Ruhestand möglich sein werden. Wenn es dazu keine klaren Aussagen gibt, ist es kein guter Anlagevorschlag.
4.: Werden uns die Risiken anhand eines Stresstests ausführlich erläutert? Kein Vermögensmanager kann sich dem Marktgeschehen entziehen. Ein Anleger kann aber auch nicht erkennen, welche Risiken sich aus der vorgeschlagenen Strategie ergeben. Daher sollten Rechtbolds in ihrem Anlagevorschlag ein gesondertes Kapitel zur möglichen Entwicklung ihres Vermögen finden. Fachspezifische Kennzahlen wie Volatilität helfen ihnen wenig. Besser sind Daten zum maximal zu erwartenden Verlust (nicht nur pro Jahr) – und zur Aufholzeit danach.
5.: Erhalten wir einen detaillierten Einblick in die konkrete Anlagestrategie und die eingesetzten Wertpapiere? Die erste Skizze der Vermögensstrategie mit ihrer Aufteilung in Aktien, Renten, Immobilien und andere Vermögensklassen ist wichtig. Ebenso wesentlich ist aber der Detailblick, was an Wertpapieren ins Depot gekauft werden soll. Gut ist, wenn „Exoten" und eher unbekannte Anlagearten verständlich erläutert werden.
6.: Gibt es eine übersichtliche Zusammenfassung? Zu einem guten Anlagevorschlag zählt auch ein Fazit mit einem Abgleich, ob und wie die Ziele und Wünsche des Ehepaares erfüllt werden. Oder ein klarer Hinweis, wenn die Ziele nicht erfüllbar sind – denn zaubern kann kein Vermögensmanager. Ein guter Anlagevorschlag zeichnet sich dadurch aus, dass er das Mögliche präsentiert und das „Nicht-Machbare" beim Namen nennt.
Fazit: Mit diesen Prüffragen ausgerüstet, können die Eheleute „Spreu von Weizen trennen". Am Ende zählt der Gesamteindruck aus Beratung und Anlagevorschlag – und das Fazit aus harten Fakten sowie das nicht zu vernachlässigende „Bauchgefühl".