Vorsicht bei der Vermögensanlage
Das Vermögensmanagement für Stiftungen gilt vielen als einfache Kunst. Stiftungsgelder müssen, so die landläufige Meinung, sicher angelegt werden. Es geht also „nur" um eine konservative Kapitalanlage. Doch der Teufel steckt wie so oft im Detail.
Gudrun Sebranis hat sich entschlossen, von ihrem Vermögen 300.000 € in ihre neue Stiftung, die „Sebranis-Stiftung" einzuzahlen. Die 60-jährige Unternehmerin ist kinderlos. Potenzielle Erben sind nicht vorhanden. Mit dem Geld sollen Bildungsprojekte für Kinder gefördert werden.
Mehr als nur konservativ
Mit der Vermögensverwaltung will die Unternehmerin die Hausbank betrauen. Frau Sebranis wendet sich an den Filialleiter vor Ort, der sie seit 15 Jahren betreut. Er empfiehlt das Vermögensverwaltungsmandat „Konservativ". Es handele sich um ein bewährtes Anlagemodell seines Hauses, die Stifterin brauche sich um nichts zu kümmern. In den Krisenjahren 2008 und 2009 habe sich das Produkt zudem bewährt. Alle Verluste seien temporärer Natur gewesen und längst ausgeglichen. „Top-Renditen können Sie nicht erwarten, dafür aber eine hohe Sicherheit – und Ihre Satzung fordert ja eine sichere Anlage", erklärt der Banker der Stifterin.
Frau Sebranis ist mit der Beratungsleistung zufrieden und eröffnet als Stiftungsvorstand Konto und Depot bei ihrer Bank. Einige Monate später wird die Unternehmerin von einer anderen Bank zu einem „Stifterfrühstück" eingeladen. Das Thema: „Vermögensanlage in Stiftungen – eine Kunst in turbulenten Zeiten". Der Vortrag macht sie nachdenklich.
Vorsicht bei kollidierenden Gesetzen
Manches ist für sie völlig neu. Die Kernbotschaft: Vorsicht vor Vermögensverwaltungen für Privatanleger, da sie mit dem Stiftungsrecht kollidieren können. Stiftungsaufsicht oder Finanzamt könnten bei einer Prüfung erheblichen Ärger machen. Im Extremfall drohe sogar die Aberkennung der Gemeinnützigkeit, Grundlage der Steuerbegünstigung.
Für einen Privatanleger ist es egal, ob die Erträge aus Kurssteigerungen oder aus Zins- oder Dividendenerträgen stammen. Nicht aber für Stiftungen, wie die Referentin erläutert. Da Vermögensverwaltungen in Kreditinstituten immer mehr in der Zentrale und nicht vor Ort gemanagt werden, hat der verantwortliche Vermögensmanager nicht den Anleger, sondern die Anlage im Blick. Die vorgeschlagene Strategie wird also von hunderten, vielleicht tausenden Kunden genutzt – und dies sind überwiegend Privatkunden und keine Stiftungen.
Eine Stiftung hat die Aufgabe, mit dem Vermögen Erträge zu erwirtschaften und dieses auszuschütten. Daher müssen sämtliche Anlageinstrumente Erträge erwirtschaften. „Ertragslose" Anlagen sind nicht oder nur in begrenztem Maß zulässig. Dazu gehören etwa thesaurierende Anlagen, die Erträge reinvestieren. Die „Admassierung", die Anhäufung von Vermögen ohne Ausschüttung, ist nach der Abgabenordnung für Stiftungen nicht gestattet (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO). Von dem Verbot könnte auch Frau Sebranis junge Stiftung betroffen sein. „Das Kind ist aber noch nicht in den Brunnen gefallen", beruhigt sie die Referentin. Denn im Jahr der Gründung und in den ersten Jahren danach dürfen Stiftungen Erträge zur Stärkung der Kapitalbasis einbehalten (§ 58 Nr. 12 AO). Glück für Frau Sebranis.
Die Prüfung des Reporting der Vermögensverwaltung bestätigen Frau Sebranis' Befürchtungen. Für 12% des Stiftungsvermögens sind Gold-, Silber- und andere Rohstoffzertifikate im Depot eingebucht. Hinzu kommen zwei Hedgefondszertifikate, die ebenfalls keine regelmäßigen Erträge erzielen. Zudem sind 70% des Vermögens in Investmentfonds angelegt. Ein Anruf bei der Bank gibt Klarheit: Gut 40% der Anlagen schütten die Erträge nicht aus. Der Verdacht erhärtet sich: Das Angebot der Bank ist auf Privatkunden zugeschnitten, für die Stiftung ist es ungeeignet.
Fazit: Die Wahl einer konservativen Strategie reicht nicht aus für die Anlage eines Stiftungsvermögens. Falls Erträge nicht regelmäßig ausgeschüttet und für den Stiftungszweck verwandt werden, kann dies zu Problemen führen. Stifter und Stiftungsvorstände sollten nur erfahrene Stiftungsexperten als Vermögensverwalter engagieren.