Vollstreckungsschutz durch Aufteilung der Steuernachzahlung
Gute Nachricht für Ehegatten: Eine Alleinverdienerehe schließt bei gemeinsam bewohntem Eigenheim „unentgeltliche Zuwendungen“ aus. Das kann steuerliche Vorteile haben. Hintergrund: Ehegatten werden bei der Einkommensteuer in aller Regel „zusammenveranlagt“. Neben den bekannten Vorteilen einer Zusammenveranlagung (z.B. Splitting-Tarif) hat das den Nachteil, dass die Ehegatten dann grundsätzlich Gesamtschuldner sind. Das heißt: Das Finanzamt (FA) kann jeden Ehegatten für die volle Steuernachzahlung in Anspruch nehmen.
Aufteilung der Einkommensteuernachzahlung
Ist einer der Ehegatten aber pleite, kann der andere Ehegatte die Aufteilung der Einkommensteuernachzahlung (nach § 268 der Abgabenordnung) beantragen. Dann wird die Steuernachzahlung vom FA durch einen eigenen Bescheid zwischen den Ehegatten aufgeteilt. Und zwar nach dem Verhältnis der von jedem Ehegatten erzielten Einkünfte. Das FA darf dann gegen jeden Ehegatten nur den Teil der Steuerschuld durch Vollstreckungsmaßnahmen einziehen, den der jeweilige Ehegatte gemäß dem Aufteilungsbescheid schuldet (§ 278 Abs. 1 der Abgabenordnung).
Es gibt aber eine Ausnahme. Die greift, wenn der zahlungsunfähige Ehegatte seinem Ehegatten in oder nach dem betreffenden Steuerjahr „unentgeltlich Vermögensgegenstände zugewendet“ hat. Dann kann sich das Finanzamt (nach § 278 Abs. 2 der Abgabenordnung) bis maximal zum Wert der Zuwendung beim zahlungsfähigen Ehegatten schadlos halten.
Gemeinsames Haus fällt raus
Jedoch gilt das nicht für die Übernahme von Finanzierungskosten durch den Ehemann für ein im Alleineigentum der Ehefrau stehendes und von beiden Ehegatten mit den Kindern bewohntes Haus. Das begründet keine unentgeltlichen Zuwendungen (im Sinne von § 278 Abs. 2 AO). Jedenfalls dann nicht, wenn der Ehemann den Lebensunterhalt der Familie allein verdient und die Frau den Haushalt führt.
Konkreter Fall: Die Klägerin bewohnt zusammen mit ihrem Ehemann und ihren zwei Kindern ein Einfamilienhaus. Ursprünglich gehörte es beiden Ehegatten jeweils zur Hälfte. Nach Übertragung seines Miteigentumsanteils auf die Klägerin, übernahm diese auch die Grundschulden.
Ehemann schuldete Darlehen allein
Der Ehemann blieb aber weiterhin Schuldner der zu Grunde liegenden Darlehen. Er leistete die Zins- und Tilgungsraten. Das Finanzamt teilte die sich aus einer Zusammenveranlagung der Eheleute ergebende rückständige Einkommensteuer für 2010 auf Antrag der Ehefrau auf. Die gesamten Rückstände entfielen auf den Ehemann.
Aufgrund der Zahlung der Darlehensraten und weiterer Hauskosten durch den Ehemann in den Jahren 2010 bis 2012 nahm das FA jedoch unentgeltliche Zuwendungen an die Frau an. Es erließ einen darauf gestützten Ergänzungsbescheid (§ 278 Abs. 2 AO). Dadurch wurde die aus der Aufteilung der Einkommensteuer folgende Beschränkung der Zwangsvollstreckung in Höhe des Zuwendungsbetrages aufgehoben.
Frau sollte ESt teilweise zahlen – zu Unrecht
Die Frau sollte die auf den Mann zurückzuführende Einkommensteuer 2010 teilweise zahlen. Dagegen klagte die Frau bei Finanzgericht und BFH erfolgreich. Die Übernahme der Immobilienkosten durch den Ehemann stellte keine unentgeltlichen Zuwendungen an die Frau dar, die eine entsprechende Einschränkung der Vollstreckungsbeschränkung rechtfertigen würden.
Auch der BFH gab der Klägerin Recht. Die Richter: Die Zahlung der laufenden Kosten des von Ehegatten gemeinsam bewohnten Hauses durch den Alleinverdiener-Ehegatten stellt auch dann keine unentgeltliche Zuwendung an den anderen Ehegatten dar, wenn das Haus im Alleineigentum des anderen Ehegatten steht. Ist der Alleinverdiener-Ehegatte wie im Urteilsfall zivilrechtlich verpflichtet, die Zins- und Tilgungsleistungen für das gemeinsam aufgenommene Darlehen vollständig zu begleichen, kommt es nicht zu einer für eine unentgeltliche Zuwendung erforderlichen Vermögensverlagerung. Denn es fehlt an einem zivilrechtlichen Ausgleichsanspruchs gegen die Ehefrau. Zahlt der Alleinverdiener-Ehegatte die übrigen laufenden Unterhaltskosten für das im Alleineigentum des anderen Ehegatten stehende Haus, so handelt es sich um Unterhaltsleistungen.
Fazit: Erfreuliches Ergebnis für die Frau: Das Finanzamt darf nicht wegen der auf den Ehemann entfallenden Steuerschuld gegen sie vollstrecken.
Urteil: BFH, VII R 18/17