Wann beginnt der Taiwan-Krieg?
Die Gefahr eines Taiwan-Krieges wird in den verschiedenen Regionen der Welt sehr unterschiedlich beurteilt. In Europa überwiegt die Einschätzung, dass es nicht (oder nicht sehr bald) zu einem Taiwan-Krieg kommen wird. Hauptargument ist, dass China vor einem solchen Krieg zurückschrecken wird (FB vom 23.01.).
In Asien und Australien geht es dagegen nur noch um die Frage: Wann wird der Krieg beginnen? Das berichtet unser Korrespondent, der sich gerade wieder auf einer längeren Asien-Reise befindet. Die Frage nach dem Wann ist von Politikern und Unternehmen gleichermaßen zu vernehmen.
Klare zeitliche Perspektive in Asien
Die zeitliche Perspektive in Ost-Asien ist klar. Übereinstimmend ist die Einschätzung zu hören, dass im laufenden Jahr keine akute Kriegsgefahr herrscht. Solange der Ukraine-Konflikt tobt, wird China abwarten, um die geopolitische Lage nach Kriegsende besser einschätzen zu können. Selbst einige Monate nach Beendigung der Kampfhandlungen zwischen Russland und der Ukraine dürfte in China noch analysiert werden. Darum gilt vielen Beobachtern auch das Jahr 2024 noch als „relativ sicher“.
Ab 2025 wird die Lage heikel und voraussichtlich deutlich eskalieren. Das Jahr wird als frühester Zeitpunkt für einen heißen Konflikt um Taiwan genannt. Die meisten unserer Gesprächspartner rechnen mit dem größten Kriegsrisiko im Jahr 2026, weil es in China lange Abstimmungs- und Vorbereitungszeiträume gibt.
Staaten bereiten sich bereits vor
Einige Staaten in der Region bereiten sich bereits auf ein heißes Konflikt-Szenario vor. Denn in allen Ländern gehen die meisten Politiker und Beobachter davon aus, dass sie sich aus einem kriegerischen Konflikt um Taiwan nicht werden heraushalten können. Allerdings positionieren sich die Philippinen, Indonesien, Malaysia, Thailand und Vietnam in ihren militärischen Planungen sehr unterschiedlich. Ein Blick auf die einzelnen Länder:
- Die Philippinen, die in ihrer Verfassung seit mehreren Jahren die Klausel haben, dass keine ausländischen Truppen im Lande stationiert werden dürfen, holen seit der Verschärfung der Situation um Taiwan die Amerikaner zurück ins Land. Neun große US- Nachschublager befinden sich derzeit in der Vorbereitung. Seit kurzem verhandelt die philippinische Regierung auch mit Japan über ein gegenseitiges Verteidigungs-Bündnis.
- Indonesien versucht, die umfangreichen Kontakte mit China zu vertiefen - und bestellte im Gegenzug eine große Anzahl moderner französischer Kampfflugzeuge. Parallel dazu soll nun auch eine größere Zahl südkoreanischer Kampfflugzeuge angeschafft werden, an deren Produktion die indonesische Regierung als Zulieferer ohnehin schon eine Weile beteiligt ist.
- In Malaysia scheint das historisch verbundene Australien wieder an Einfluss zu gewinnen.
- Thailand versucht wie Indonesien, sich nach beiden Seiten abzusichern.
- Vietnam lässt keinen Zweifel an der eigenen Gegenposition zu China.
Taiwan-Krieg wird Schifffahrtsrouten lahmlegen
In die Vorbereitungen zur Reaktion auf einen möglichen chinesischen Angriff auf Taiwan sind auch andere, große und militärisch stärkere Länder stark eingebunden. Das gilt für die USA, Australien, Japan und Südkorea. Diese Länder bemühen sich derzeit verstärkt darum, Indien in die gemeinsame Verteidigungsfront zum Schutz Taiwans einzubinden. Die USA, Australien und Japan sind die stärksten externen Säulen der Verteidigung Taiwans.
Kommt es zu einem Taiwan-Krieg, werden sich die Kampfhandlungen auf den Luftraum und das Meer des süd- und des ostchinesischen Meeres konzentrieren. Das ist ein Grund dafür, warum sich die Anrainerländer erhebliche Sorgen um diesen Konflikt machen. Er könnte fast schlagartig den Schiffsverkehr von Ostasien nach Europa und auch den Vereinigten Staaten temporär unmöglich machen.