Wann zuckt der Westen gegen China?
Der Westen wird sich China in einem kooperativen Verhältnis annähern (müssen). So zumindest die Ansicht von Prof. Thomas Mayer, Gründungsdirektor des renommierten Flossbach von Storch Research Institute im Gespräch mit FUCHSBRIEFE. Konfrontationen im Stile Trumps werden weder den Aufstieg Chinas verhindern, noch die Vormachtstellung des Westens behaupten können – die letzten vier Trump-Jahre haben das eindrücklich gezeigt.
FUCHSBRIEFE-Leser wissen längst, dass spätestens 2020 das Jahr markierte, an dem China zur Weltmacht aufgestiegen ist (vgl. FB vom 21.12.2020). Entlang der Seidenstraße vergibt Peking zudem Kredite (vgl. FB vom 07.12.2020) und bindet so langfristig immer mehr strategische Partner an sich.
Mit Impfstoffen nach Europa und Lateinamerika
Das neueste Mittel zur Durchsetzung außenpolitischer Interessen ist die Macht Chinas als internationaler Pharma-Lieferant. Peking beliefert zahlreiche Länder mit Hygiene-Materialen und Medikamenten; vor allem in Asien und Afrika, aber auch in Lateinamerika – an und für sich Einflussgebiet der USA.
Aber auch nach Europa gelangt die Offerte Pekings: Serbien bezieht freudig Medikamente aus dem Reich der Mitte. Im Gegenzug bekommt Huawei Rechte am serbischen Telefonnetz. In Griechenland kauft China gerne Häfen (Piräus als "Tor nach Europa") und Infrastruktur. Und dass chinesische Investoren sich in europäische Unternehmen einkaufen, ist längst bekannt.
Dem Westen bleibt nur die Kooperation als sinnvoller Weg
Wann wird es dem pluralen Westen zu ungemütlich mit dem expandierenden Hightech-Autoritarismus Chinas? Wenn der Westen klug ist, dann gar nicht, ziehen wir als Fazit aus unserem Gespräch mit Thomas Mayer. „Es würde nichts bringen, China den Aufstieg verwehren zu wollen. Folglich wäre es nötig, im Umgang mit China differenziert vorzugehen. Kooperation wo möglich (Gesundheits-, Klima-, Handelspolitik), Handelswettbewerb im WTO-Rahmen und Trennung in Bereichen, in denen es um Sicherheit geht (z.B. Informationstechnologie).“ Das gilt nicht nur für das Verhältnis Europas zu Peking, sondern auch für die chinesisch-amerikanischen Beziehungen. „Mit Biden dürfte eine Kooperation in den genannten Bereichen möglich sein“, so der Wirtschaftswissenschaftler.
Die Auswirkungen eines solchen kooperierenden Verhältnisses werden weitreichend sein. Während nach Ende des zweiten Weltkrieges vor allem US-Trends (Mode, Musik, Film) die westliche Kultur bestimmten, werden es zukünftig verstärkt chinesische Trends sein – erste Vorreiter wie die Social-Media-App Tiktok erobern bereits jetzt die westlichen Märkte (vgl. FB 15.01.2021).
Der Westen schafft sich selbst ab
Ist das also das Ende des Westens fragen wir den Ökonomen Mayer? „Der Westen kann sich nur selbst ,beenden‘, indem er die Errungenschaften der Aufklärung vergisst und den liberalen Rechtsstaat abbaut. Leider gibt es dazu Tendenzen“, so der Experte. Die Bedrohung des Liberalismus geht also weniger von China aus, sondern mehr aus dem Inneren.
Fazit: Sowohl der Westen als auch China verfolgen gemeinsame wirtschaftspolitische Interessen. Es zeigt sich aber auch, welchen Anpassungsdruck wirtschaftlich erfolgreiche Systeme erzeugen. Auch auf die europäische Kultur wird der Funke Chinas überspringen. Verliert der Westen an Wirtschaftskraft, verliert er international an Einfluss.