Was Einkäufer 2020 anpacken müssen
Risikomanagement
Daran geht kein Weg vorbei. Es geht dabei beileibe nicht nur um Naturkatastrophen. Risiken lauern überall in der tiefen (globalen) Lieferkette: Brände, Explosionen, Lieferanteninsolvenzen, Wechsel wichtiger Ansprechpartner (Infoverlust). Geschäftsleitung und Einkauf müssen ein holistisches Verständnis entwickeln. Die Kette: Prävention durch Früherkennung (Radar), Analyse von Auswirkungen (mit Was-wäre-wenn-Szenarien) und ein vorausschauendes Maßnahmenmanagement, also: Wer macht im Krisenfall wann was und wie?
Welche Unternehmen machen das bereits gut? Fresenius Medical Care (Dialyse), Ypsomed (Medizintechnik), Hesse Lignal (Farbe/Lack), Hottinger Brüel & Kjær (Messtechnik), Clariant, Nokia - um nur einige zu nennen.
Nachhaltigkeit
Wer das Thema erst angeht, wenn er durch Regularien genötigt wird, läuft dem Wettbewerb hinterher. Es ist ökonomische und moralische Pflicht, seine Lieferkette so transparent wie möglich zu machen. Dafür gibt es Tools. Einkauf muss Lieferanten zu Nachhaltigkeit „zwingen“, um nicht zum Getriebenen zu werden. Diese Strategien kosten Geld und Nerven. Aber wer Business Cases vernünftig rechnet, kann das Ganze am Ende auch vermarkten.
Blockchain
Sie müssen Vertrauen in Technologie und Partner aufbauen. Nur wenige Einkäufer trauen sich bisher Praxis zu. Dabei könnte man mit einem kleinen Projekt anfangen: etwa Palettentausch. Der Einkauf von Sartorius Stedim Biotech nutzt die Blockchain für Zertifikatemanagement. Das war vorher quälend aufwändig (weil manuell). Noch gibt es keine Branchenlösungen. Isolierte Einzellösungen sind kontraproduktiv.
Digitaler Zwilling (DZ)
Einkauf und Supply Chain Management sollten so früh wie möglich Erfahrungen sammeln, zumindest aber laufend checken, was andere vor- und erleben. Nokia nutzt den DZ für das Simulieren von Distributionsrouten. Beispiel: Wie verhält sich die Supply Chain bei Nutzung der Transsibirischen Eisenbahn im Vergleich zum Schiffsweg?
Kollaboration
Laufend kommen neue Tools für automatisierte Beschaffung auf den Markt. Wenn der Einkauf hier den Überblick verliert, wird er schnell überholt. Einkäufer müssen marktreife Lösungen screenen können. Will man ein praktisches neues Tool einsetzen oder mit einem Start-up etwas Neues disruptiv weiterzuentwickeln (als verlängerte Werkbank)? Alleine wird kein Unternehmen mehr was reißen.
New Work
Neue Formen der Zusammenarbeit werden zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Als selbsternannter Steuerer der Schnittstellen muss der Einkauf über sich hinauswachsen. Neue Rolle: Erbringer von echtem Nutzwert, Servicepartner der internen Bedarfsträger, ehrliches Win-Win mit Lieferanten (sonst keine Innovation), horizontale Teamarbeit auf Zeit mit wechselnden Know-how-Trägern aus anderen Abteilungen. Das geht nicht ohne Begleitung. Beim Thema „Change und Mindset“ sind die teuren Großen nicht immer auch die besten!
Fazit: Der Verband BME propagiert seit neuestem den Ausdruck „Pacesetter“. Die Frage ist, ob Schrittmacherund Querdenker von der Geschäftsleitung unterstützt werden. Hinterfragen Sie sich ehrlich.