Wege durch die Stagflation ausloten
Unternehmer müssen sich auf eine Stagflation im Jahr 2023 einstellen. Das zeigen die Prognosen, ihre jüngsten Revisionen und die aktuellen Zahlen immer deutlicher an. So hat die die Deutsche Bank (DBK) ihre pessimistische Vorhersage inzwischen auf -1,6% abgemildert. Die "Blaue" sieht sogar gute Chancen, dass der Rückgang geringer ausfallen könnte (-1%). Bisher hat die DBK mit einem BIP von -2 oder -3% gerechnet (FB vom 20.10.22). Die Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen ebenfalls mit einem BIP-Minus. Ihre Prognosen liegen aber nur knapp unter Null zwischen -0,3% (ifo) und -0,7% (IfW).
Ein stabilisierender Fakt ist, dass die Gasversorgung für den Winter inzwischen weitgehend gesichert ist (FB vom 17.11.22). Die Gasspeicher sind voll, neue LNG-Terminals gehen in Betrieb und es werden - allerdings gegen die Regierungs-Positionen auf der Klimakonferenz COP27 in Ägypten - neue Lieferverträge für Gas und Öl unterschriebe (gerade mit Katar).
Kurzfristige Risiken reduziert
Zudem steuern die Unternehmen aktiv gegen. Immerhin 25% aller KMU sparen Gas durch die Drosselung seiner Produktion, so Forsa. Passend dazu: Drei Viertel der Unternehmen können Gas sparen, ohne ihre Produktion zu drosseln (ifo-Institut). Auch der Energiepreis-Schutzschirm reduziert die Unsicherheit. Die Entlastung der Verbraucher beträgt fast 4% des nominal verfügbaren Einkommens der privaten Haushalte. Die Industrie wird mit etwa 100 Mrd. Euro entlastet.
FUCHSBRIEFE halten viele Annahmen der Konjunkturforscher dennoch für sehr optimistisch - und zu rückwärtsgewandt. So sagt das ifo-Institut voraus, dass die Produktion 2023 leicht zunimmt und es keine Auftragsstornierungen geben werde. Auch die Lieferengpässe sollen zurückgehen. Außerdem erwartet ifo, dass die Verbraucher 2023 zwar weniger sparen, aber ihren Konsum weitgehend aufrecht erhalten werden.
Lage trübt sich ein
Die jüngsten Zahlen deuten auf größere Probleme hin. Die Verbraucherausgaben in Deutschland sanken im November um 2,8%. Die Inflation bleibt hoch. Die Auftragseingänge im Maschinenbau sind im November um 12% real gesunken (ggü. Vj.). Dieser Rückgang relativiert die Zahlen der Vormonate kräftig. Zahlreiche Kunden sind zurückhaltender mit Einkäufen von Maschinen und Komponenten und zögern mit neuen größeren Investitionen“, sagt VDMA-Chefvolkwirt Dr. Ralph Wiechers.
Die leichte Entspannung beim Materialmangel passt für FUCHSBRIEFE ebenfalls ins Bild. Es berichten noch 59,3% über Materialmangel. Im Oktober waren es noch 63,8%. Da die Unternehmen aber ihre Produktion drosseln, die Nachfrage sinkt und weniger Aufträge reinkommen, ist die Materialnachfrage auch nicht mehr so hoch.
Branchenentwicklung wird sich stark differenzieren
Trotz der Verbesserung können viele Aufträge noch immer nicht abgearbeitet werden. Die DBK rechnet daher für das verarbeitende Gewerbe mit einem starken Rückgang von -4% für 2023. Und sie rechnet mit einem Auftragseinbruch, der den hohen Auftragsbestand schnell zunichte macht. Branchen mit langen Durchlaufzeiten wie viele Maschinen- und Anlagenbauer bleiben auch 2023 hoch ausgelastet. In vielen anderen Bereichen (Auto, Elektrogeräte) kommt es zum Rückgang. Auch die Baubranche bleibt massiv unter Druck (-4,6%).