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Die großen politischen Linien

Weltkarte 2022

Globus. Copyright: Pexels
Der Kampf der Systeme strebt einem neuen Höhepunkt zu. Die Demokratie steht in einem seit mehr als zwei Jahrzehnte nicht gekannten Wettbewerb. Wie schon in der Auseinandersetzung mit dem Sozialismus muss sie zeigen, dass sie innere und äußere Sicherheit, Wohlstand und Verteilung, Schutz der Umwelt und Gesundheit besser kann als Autokratien vom Schlage Russlands oder Chinas. Das ist längst nicht mehr selbstverständlich. Und der Westen wirkt stellenweise gealtert, ausgelaugt und müde.

Der Kampf der Systeme - Demokratie vs. Autokratie - strebt einem neuen Höhepunkt zu. Im Weltmaßstab lassen China und die USA immer häufiger die sichtbare Konfrontation zu. Die Rivalität wird sich auf alles auswirken, vom Handel bis zur Regulierung der Technologie, von Impfungen bis hin zu Raumstationen. Die Messlatte ist der Gesamterfolg, ein „Score“ der Systeme.

Im regionalen Maßstab geraten Europa und Russland immer wieder aneinander. Europa nutzt die Waffen der Wirtschaft, Russland jene des Militärs. Zusammen wäre man stark, aber daran ist nicht zu denken. Dieser Konflikt rückt zudem an den Rand des Weltgeschehens. Die Musik spielt anderswo.

Europa wird abgehängt

Europa als demokratischer Staatenbund hat an allen genannten Fronten zu kämpfen: Bei der äußeren Sicherheit hat der Kontinent wenig zu bieten und ist ohne die USA hilflos. Bei der inneren Sicherheit – Stichwort Migration – tritt Europa auf der Stelle. Bei der Gesundheit – Stichwort Covid - macht der Kontinent auch im internationalen Vergleich eine eher schlechte Figur, ist konzeptlos. Das Wirtschaftswachstum ist anämisch bei zunehmendem Mitteleinsatz. Die Gesellschaften altern, verlieren an Innovationskraft. Was bleibt, ist die Vorreiterrolle beim Klimaschutz. Ob sie Vorbildcharakter für die Welt bekommt, wird an ihren wirtschaftlichen Auswirkungen gemessen werden.

Risiko Russland

Russland macht aus geringen finanziellen Möglichkeiten sicherheitspolitisch sehr viel. Immer wieder fordert Putin den Westen heraus, zuletzt wieder im Osten der Ukraine, aber auch bei der Lieferung von Gas. Es geht einerseits um eine nach dem Zerfall eines Weltreichs verletzte Seele, um Anerkennung. Andererseits aber auch um Ablenkung von inneren Problemen nach außen. 

Putin zündelt und spielt dabei bewusst mit dem Feuer. Er kann es lokal sogar brennen lassen, weil er weiß: Der Westen wird keinen Krieg riskieren, ist darauf auch überhaupt nicht vorbereitet. Wenn die Ostukraine militärisch besetzt wird, kommt es zu weiteren Sanktionen, aber nicht zu mehr. Damit ist ernsthaft zu rechnen. Hier steht es nach der abgehakten Annexion der Krim inzwischen 2:0 für Russland. Wirtschaftlich aber ist das Land abgehängt. Mit wachsendem Einsatz von erneuerbaren Energien verlieren die gewaltigen Ressourcen an fossilen Brennstoffen an strategischem Wert.

Konflikte zwischen Washington und Peking

Die USA geht zunehmend in Konfrontation mit China. Es brodelt. Aber es besteht keine ernsthafte Gefahr einer unmittelbaren militärischen Auseinandersetzung. Der Südpazifik ist die Fokusregion dieses Jahrzehnts. Sie wird zum neuen Gebiet von möglichen Stellvertreterkriegen. Daher ist ein engeres Bündnis der angelsächsischen Staaten nur allzu verständlich. Australien wird für die USA ein strategischer Partner und Brückenkopf, wie es Europa im Kampf gegen den sowjetrussischen Sozialismus war. Der AUKUS-Vertrag über militärischen Zusammenarbeit zwischen Australien, Großbritannien und den USA und der Kauf atomar angetriebener amerikanischer statt mit Diesel betriebener französischer U-Boote war das sichtbare Zeichen der veränderten geopolitischen Rahmenbedingungen.
In den USA wird Präsident Joe Biden die Zwischenwahlen nutzen, um die USA zum Showroom der Demokratie zu machen. Beim virtuellen Gipfel von 110 demokratischen Staaten, zu dem Biden aufgerufen hatte, war China demonstrativ nicht eingeladen.

Europa weiß, dass es jetzt Flagge zeigen muss. Man kann sich nicht zwischen den Stühlen positionieren. Das wird wirtschaftlich noch weh tun. Aber die Entscheidung pro USA stand nie infrage. Auch die deutsche Industrie gibt inzwischen ein klares Bekenntnis ab und positioniert sich auf Seiten der USA – trotz erheblicher wirtschaftlicher Interessen in China, das ein Klumpenrisiko für die deutsche Wirtschaft ist.

USA müssen für ihr System werben

Einfach haben es die USA nicht mehr, für ihr System zu werben. Der militärische Reinfall in Afghanistan machte das westliche Bündnis zur internationalen Lachnummer. Im Inneren wirken die USA wie ein dysfunktionales, geteiltes Land. Die Zwischenwahlen zu Ende 2022, bei denen erneut die Republikaner triumphieren dürften, werden diesen Eindruck eher verstärken.

China wird beim 20. Parteitag der Kommunistischen Partei im November 2022 lebhaft den Erfolg seines Systems feiern. Man darf nicht übersehen: Der chinesische Kontrollstaat, der für absolute innere Sicherheit der großen Mehrheit der staatstragenden Han-Chinesen sorgt, hat die Zustimmung der Massen. Staatschef Xi Jinping wird sich für weitere fünf Jahre als Generalsekretär bestätigen lassen und seine politische Agenda auf unbestimmte Zeit fortschreiben. Den seit Jahrzehnten geltenden Nachfolgemechanismus an der KP-Spitze hat Xi ausgehebelt. Er hat so viel Macht auf sich konzentriert wie kein chinesischer Führer seit der Mao-Zeit. 

Chinesischer Staatschef bündelt viel Macht

Ministerpräsident Li Keqiang und andere Spitzenpolitiker wird Xi durch loyale Vertraute ersetzen lassen. Peking wird die Olympischen Winterspiele Spiele im Februar für seine Zwecke nutzen. Westliche Politiker werden die Spiele boykottieren. Aber der Sport lässt sich mit zunehmender Kommerzialisierung notgedrungen auch politisch immer stärker einspannen – im Westen wie im Osten.

Pekings eigennütziges Vorgehen als Kreditgeber, als regionaler Entwickler von Infrastruktur wird zunehmend erkannt. China verliert hier weltweit gerade wieder Punkte. Peking wird zudem als aggressiver Staat eingestuft. Je mächtiger das Land wirtschaftlich und militärisch wird, desto enger rücken die kleinen Staaten in der Region zusammen und suchen die Nähe zum Westen. Bei internationalen Konferenzen reden nun auch Südkoreas oder Japans Führung aus eigenem Antrieb über Menschrechte; das war so früher nicht der Fall.

Indien geht einen eigenen Weg

Parallel dazu macht Indien sein eigenes Ding. Das Land tritt immer selbstbewusster gegenüber dem Westen auf und rückt gleichzeitig immer stärker von einer demokratischen Verfasstheit ab. Staatspräsident Narendra Modi ist ein Autokrat. Die deutsche Wirtschaft äußert sich enttäuscht über das Land, das einem Kontinent gleichkommt und mit seiner jungen Bevölkerung ein enormes wirtschaftliche Potenzial darstellt, das der Westen aber bisher nur sehr bedingt nutzen kann.

Konfliktherd Mittlerer Osten

Neben dem pazifischen Raum ist der Mittlere Osten ein potenzieller Konfliktraum. Im Libanon sind März Parlamentswahlen. Ein guter Anlass, es mal wieder „krachen“ zu lassen. Der Iran als starke militärische Mittelmacht kann jederzeit der Anlass für einen Krieg sein. Hier hat Europas und Deutschlands Diplomatie eine heikle Mission zu erfüllen. Zumal die Türkei sich immer mehr vom Westen ab- und dem Osten mit China zuwendet. Das Land ist für den demokratisch verfassten Westen noch nicht verloren. Aber das Pendel schlägt unter dem zunehmend irrational handelnden Autokraten Präsident Erdogan, der seine Landsleute mit einer Politik der gezielten Schwächung der Landeswährung in die Armut treibt, zuungunsten Europas und des Westens aus. Hier kann erst ein Regierungswechsel eine Wende bringen.

Afrika rückt in den Fokus

Afrika wird einerseits entkolonialisiert, andererseits ist es als „Rohstoff-Großmacht“ Schauplatz der Interessen Chinas und des Westens. Die Strategie lautet aber diesmal nicht militärisches Eingreifen, Ausbeutung und Unterdrückung, sondern innere Entwicklung und Anbindung. Das braucht vor allem Geduld, einen regionalen Mentalitätswandel und enorm viel Geld.

Wachsende Interessen an Lateinamerika

Ähnlich die Situation in Lateinamerika. Die USA haben ihren „Hinterhof“ stark vernachlässigt. Doch der ausufernde Drogenhandel, ein gewaltiges Problem für die USA, und der zunehmende Wanderungsdruck fordern eine klare Antwort aus Washington. In Kolumbien greift der Koka-Anbau wieder um sich, der Regierung ist es nicht gelungen, die Landbevölkerung auf Kaffee und Kakao umzustellen. Hier bahnt sich ein Rückschlag an. Die Staaten an der Westküste suchen einerseits verstärkt die Nähe zu Europa – hier sind die einstigen Kolonialmächte Spanien und Portugal wichtige Bindeglieder. Andererseits schafft es China die Handelsverbindungen immer enger zu knüpfen.

Fazit: Der Kampf der Systeme wird den demokratisch verfassten Westen wieder enger zusammenführen. Der pazifische Raum mit Australien, Neuseeland, Japan, Korea wird zum Nabel der Welt.

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