Wenn das Börsengeschäft in die Binsen geht ...
Eine Veräußerung liegt im Bereich der privaten Kapitaleinkünfte auch dann vor, wenn beim Verkauf von Aktien der Erlös nur sehr geringfügig ist. Das entschied der BFH jetzt erneut. Selbst wenn wertlose Anteile zwischen fremden Dritten gegen nur geringfügige Gegenleistung übertragen werden, handelt es sich um eine steuerlich anzuerkennende entgeltliche Veräußerung. Dieses Vorgehen ist auch nicht steuerlich als sog. Gestaltungsmissbrauch zu behandeln.
Der Kläger des Urteilsfalles erwarb im Jahr 2011 Aktien einer kanadischen Kapitalgesellschaft. In der Folgezeit verloren die Aktien aufgrund von Betrugsvorwürfen gegen die Gesellschaft erheblich an Wert. Der Gesellschaft wurde das Listing entzogen. Sie geriet in die Insolvenz.
Finanzamt wollte Verluste nicht berücksichtigen
Im Februar 2013 veräußerte der Kläger alle Aktien zu einem Preis von insgesamt 10 EUR (0,01 EUR pro Stück) an einen Käufer. Im Gegenzug erwarb er von dem Käufer wertlose Aktien. Er realisierte so einen Verlust von 4.675,05 EUR.
Im Einkommensteuerbescheid für 2013 wurde der Verlust des Klägers aus der Veräußerung nicht berücksichtigt. Das Finanzgericht gab der dagegen erhobenen Klage statt. Auch der BFH sah das jetzt so: Der Verlust des Klägers aus der Veräußerung der Aktien ist steuerlich zu berücksichtigen und antraggemäß mit anderweitigen Aktiengewinnen des Mannes zu verrechnen.
Fazit: Auch bei sehr geringen Entgelten liegt eine steuerlich zu berücksichtigende Veräußerung vor.
Urteil: VIII R 9/17
Hinweis: Mit Wirkung ab dem Steuerjahr 2020 hat der Gesetzgeber die Berücksichtigung solcher Verluste wieder deutlich eingeschränkt. Werden Aktien nach einer Firmenpleite wertlos, dürfen Anleger die erlittenen Totalverluste ab 2020 nur noch bis zu einer Höhe von 20.000 EUR mit den übrigen steuerpflichtigen Kapitalerträgen verrechnen. Die nicht genutzten Verluste werden auf künftige Jahre vorgetragen. Die Verluste werden also nicht generell versagt, sondern zeitlich gestreckt.