Wie die Finanzmärkte den Zollschock abfedern
Die Wirkungen des US-Zollschocks aus dem Frühjahr fallen für die Weltwirtschaft bisher überraschend milde aus. Und es gibt Gründe, dass das auch so bleibt. Die US-Zölle haben zwar ein historisches Niveau erreicht, doch die erwarteten negativen Folgen für Wachstum und Inflation sind bislang ausgeblieben.
Das liegt nicht nur an der Robustheit der Realwirtschaft. Auch die globalen Finanzmärkte haben eine stabilisierende Rolle gespielt – und könnten dies weiterhin tun, erwartet die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich BIZ – die gerne als Zentralbank der Zentralbanken bezeichnet wird.
Finanzmärkte als Puffer gegen Schocks
Die Weltwirtschaft ist heute stärker finanziell verflochten als je zuvor. Seit den 1980er Jahren haben sich die globalen Kapitalflüsse deutlich dynamischer entwickelt als der Welthandel. Während der Handel bei etwa 50 Prozent des Welt-BIP stagniert, machen externe Finanzverflechtungen inzwischen rund 170 Prozent aus.
Diese Verflechtungen wirken wie Stoßdämpfer. Resiliente Banken und liquide Märkte haben Unternehmen geholfen, sich frühzeitig mit Krediten zu versorgen und Importe vorzuziehen – noch bevor die Zölle griffen.
Der Dollar reagiert unerwartet
Ein weiterer stabilisierender Faktor war die überraschende Abwertung des US-Dollar. Normalerweise würde man erwarten, dass der Dollar bei einem Zollschock steigt – als sicherer Hafen. Doch Investoren, vor allem in Asien, begannen ihre offenen Dollar-Positionen abzusichern. Das drückte den Kurs.
Die Abwertung wirkte wie ein Konjunkturprogramm für die vom Zoll betroffenen Länder. Denn ein schwächerer Dollar senkt die Preise für Importe in lokalen Währungen. Das bedeutet: Unternehmen und Verbraucher in Ländern wie China, Mexiko oder der Eurozone zahlen weniger für US-Waren – trotz Zöllen. Die importierte Inflation bleibt dadurch moderat.
Spielräume für die Zentralbanken eröffnet
Zugleich eröffnet die geringere Inflation Spielräume für die Geldpolitik. Zentralbanken in betroffenen Ländern konnten ihre Zinsen senken oder zumindest auf weitere Straffungen verzichten. Das stützt die Konjunktur und mildert die negativen Effekte der Zölle auf Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum. Die Kombination aus günstigerem Wechselkurs und lockerer Geldpolitik wirkt wie ein doppelter Puffer gegen den Zollschock.
Globale Finanzverflechtung als Stabilitätsanker
Institutionelle Investoren halten heute riesige grenzüberschreitende Anleiheportfolios. Um Währungsrisiken zu minimieren, nutzen sie FX-Swaps – ein Markt, der inzwischen ein Volumen von 100 Prozent des Welt-BIP erreicht hat. 98 Billionen US-Dollar dieser Kontrakte haben den Dollar auf einer Seite.
Diese Finanzinstrumente ermöglichen es Investoren, flexibel auf Schocks zu reagieren, ohne ihre Portfolios umzuschichten. Das stabilisiert die Märkte – zumindest solange die Risikobereitschaft anhält.
Was das für Anleger bedeutet
Die Zentralbanken stehen vor der Herausforderung, Wachstum zu stützen, ohne Inflationserwartungen zu entankern. Dabei müssen sie die Finanzmärkte stärker in ihre Analysen einbeziehen. Denn deren Dynamik kann reale Schocks verstärken – aber auch abfedern.