Zinssensitivitäten im ausschüttenden Depot reduzieren
Die Inflation springt an, das liegt vielleicht nur an der Mehrwertsteuer Erhöhung. Die Zinsen legen zu, das kann technische Gründe haben. Die zusätzliche Geldmenge, die durch digitale Währungen entsteht, ist aber in etwa schon so hoch, wie alle Bargeldbestände in Euro zusammen. Begünstigt das die Zinswende ?
In den letzten Monaten haben wir viele Zins-sensitive Titel aus den Depots NiP Kapitalerhalt und NiP Ausschüttung entfernt. Als reinen Wertspeicher brauchen wir sie nicht, es gibt zu viele gute Alternativen, die mit dem Empfehlungsmanagement und einer systematischen ETF- und Fondssuche identifiziert wurden. Jetzt wo die Zinsen leicht ansteigen und die Aktien auf hohen Niveaus verharren, ist ein guter Zeitpunkt noch einmal nach versteckten Zinsrisiken zu suchen.
Sensitivität zu Anleihe-Kategorien
Die Sensitivität im Depot Kapitalerhalt zu Anleihen, also Staatsanleihen, Pfandbriefen, Unternehmensanleihen liegt nahe Null oder ist sogar mit -0.23 negativ zu Unternehmensanleihen. Im Depot Ausschüttung hingegen liegt die Sensitivität zu Staatsanleihen in Euro bei 0.16. Das bedeutet Folgendes: Fallen Staatsanleihe-Titel z.B. der Bund-Future im Mittel um 1%, dann verliert das Depot um 0,1% bis 0.2%. Man kann es auch so lesen: 16% des Depotvolumens sind 1:1 mit Staatsanleihen verknüpft.
Die Sensitivitäten wurden mit dem SENSIS-Modell der Quanvest GmbH in einer 12-Monatssimulation gemessen (Monte Carlo, nicht normale Verteilung, variable Korrelationen). Die SENSIS spiegeln langfristige Entwicklungen der Korrelationen wieder. Im Einzelfall kann es anders kommen, aber wenn Aktien leicht negativ korreliert zu Unternehmensanleihen sind, dann würden die Anleihen leicht fallen, wenn Aktien steigen und umgekehrt. Sicher aber weiss man es nie, es sind nur Mittelwerte über größere Zeiträume.
Ein gut diversifiziertes Depot hat SENSIS unter 30%
Zwei Charts illustrieren die Ergebnisse: Das Netzwerk Diagramm gibt eine Übersicht über die Sensitivität im obigen Sinne, d.h. was passiert mit dem Depot, wenn eine der Anlageklassen um 1% steigt. Die Sensitivitäten kann man auch wie Portfolioanteile nach Abzug der Diversifikation verstehen. D.h. die Aktienquote liegt zwischen 25% und 30% , die Staatsanleihenquote bei ca. 16%, Unternehmensanleihen liegen bei fast 0%, d.h. deren spezifisches Risiko wird durch Staatsanleihen und Aktien kompensiert.
Im zweiten Chart gibt das Modell die Sensitivitäten nur zu Staatsanleihen an, sortiert nach dem physischen Portfoliogewicht, das ist die einzelne Sensitivität des Titels multipliziert mit der Gewichtung des Titels im Depot. Die Titel haben zum Teil höhere Sensitivitäten zu Staatsanleihen, sind aber wegen der Risikobudgetierung geringer im Depot gewichtet. Unter Einbeziehung der Gewichtung ist der Einfluss von Staatsanleihen auf einen Titel im Depot um so geringer, je niedriger die Sensitivität und das Depotgewicht ist - in Summe neben wir das im zweiten Chart den "Beitrag zur Staatsanleihen Sensitivität im Depot".
Wie man vorgeht
Auf einen Blick sieht man, dass die Immobilienfonds und der Rücklagenfonds am meisten die Staatsanleihe - Sensitivität beitragen. Allein durch Verkauf des Wertgrund-Wohnselect würden wir im Vorhinein 32% oder ein Drittel des Einflusses von Staatsanleihen auf das Depot reduzieren. Das werden wir nur tun, wenn das Risiko der Zinswende tatsächlich auch eintritt und bemerkbar sich auswirkt. Denn wir müssen ja auch Ausschüttungen in diesem Depot erwirtschaften und erst einmal weitere Alternativen zu den Immobilienfonds finden.
Da wir nun geklärt haben, woher die Staatsanleihe Sensitivität kommt, bereiten wir ggf. Verkäufe bestimmter Titel vor, wenn die Zinsen weiter, über Null steigen. Mit einer negativen Sensitivität können wir sogar zusätzliche Erträge bei steigenden Zinsen erwirtschaften - theoretisch. In der Realität sollte man sich kurzfristig nicht darauf verlassen, aber langfristig, also über 12 Monate ist das die richtige Strategie.
Christian Libor, Quanvest GmbH