Machtwort gegen Cum-Ex-Geschäfte
Der Bundesfinanzhof (BFH) spricht ein endgültiges Machtwort gegen Cum-Ex-Geschäfte. Diese sind eine illegale Geschäftspraxis. Die Steuererstattungen stehen zudem nur den Personen zu, die auch die tatsächlichen Gläubiger der Kapitalerträge sind. Das betrifft auch Vorgänge, die vor der gesetzlichen Schließung des Steuerschlupflochs getätigt wurden.
Die Illegalität der Cum-Ex-Geschäfte hatte schon 2019 das Finanzgericht Köln festgestellt. Das Steuerschlupfloch ist infolge dessen auch vom Gesetzgeber geschlossen worden. Es sind aber noch viele Prozesse zu solchen Steuererstattungen für Zeiträume vor der gesetzlichen Schließung des Steuerschlupflochs offen.
Urteil mit Breitenwirkung
Das BFH-Urteil wird nun Breitenwirkung für eine Vielzahl anhängiger vergleichbarer Streitfälle entfalten. Im Urteilsfall wollte sich ein US-Pensionsfonds 27 Mio. Euro nach einem solchen „Cum-Ex-Modell“ von der deutschen Staatskasse erstatten lassen. Dem Rechtsstreit lagen Aktiengeschäfte zugrunde, die außerbörslich im Rahmen eines Leerverkaufs getätigt worden waren. Streitig war, ob dem Aktienkäufer (Leerkäufer) ein Anspruch auf Erstattung der Kapitalertragsteuer zustand. Dies hatte die Vorinstanz verneint. Das Ergebnis wurde jetzt vom BFH bestätigt.
Einen Anspruch auf Steuererstattung (Kapitalertragsteuer/Solidaritätszuschlag) hat ein US-Pensionsfonds nur dann, wenn er Gläubiger der Kapitalerträge ist. Grundlage ist natürlich das deutsche Steuerrecht. Außerdem muss die Kapitalertragsteuer bzw. der Solidaritätszuschlag tatsächlich "einbehalten und abgeführt" worden sein.
Zurechnungsfähigkeit der Kapitaleinkünfte entscheidend
Gläubiger der Kapitalerträge ist die Person, die die Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt. Das ist die Person, der die Anteile an dem Kapitalvermögen im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses oder ggf. des Zuflusses der Dividendenkompensationszahlung zivilrechtlich oder wirtschaftlich zuzurechnen sind. Eine Steueranrechnung ist nicht möglich, wenn der Erwerb der Aktien Teil eines modellhaft aufgelegten Gesamtvertragskonzepts ist.
Im Urteilsfall konnte und sollte der klagende Pensionsfonds als zivilrechtliche Erwerber die wesentlichen mit einem Aktienerwerb verbundenen Rechte nicht ausüben. Er hatte vielmehr nur die Funktion, seine Rechtsform in den Geschäftsablauf einzubringen.
Keine Erstattung für den "Strohmann"
Angesichts der umfassenden Kontrolle jedes Geschäftsdetails durch Dritte war er lediglich als "passiver Teilnehmer" ("Transaktionsvehikel") im Geschäftsablauf anzusehen. Deswegen stand ihm die begehrte Steuererstattung nicht zu. Ob sich die maßgebenden Transaktionen "außerbörslich" (Erwerb von sog. Single Stock Futures mit nachfolgender Abwicklung über die Eurex Clearing AG) oder "börslich" (im Rahmen sog. Schlussauktionen) abgespielt haben, spielte dabei keine Rolle, so der BFH.
Hintergrund: Cum/Ex-Geschäfte - was ist das?
Bei Cum/Ex-Geschäften werden Aktiengeschäfte vor dem Dividendenstichtag mit einem Anspruch auf die zu erwartende Dividende ("cum-Dividende") abgeschlossen, aber nach dem Stichtag vereinbarungsgemäß mit Aktien ohne Dividendenanspruch ("ex-Dividende") erfüllt. Am Ende ist dem Fiskus nicht mehr klar, wer überhaupt Eigentümer ist. Die Folge: Finanzämter erstatteten früher vielfach Kapitalertragsteuern mehrfach, obwohl die Steuer nur einmal gezahlt wurde.Fazit: Der Bundesfinanzhof bekräftigt die Rechtsprechung der Vorinstanzen. Cum-Ex-Geschäfte sind steuerrechtlich unzulässig. Zahlreiche anhängige Verfahren dürften jetzt genau so behandelt werden.
BFH I R 22/20