Das politische Pokerspiel um die Erbschaftsteuerreform geht in eine weitere Runde. Der Finanzausschuss und die Länder bestätigen das. Der Zeitraum für die erneuten Beratungen im Bundestag und den beteiligten Ausschüssen wurde mit unbestimmter Frist verlängert.
Prompt zaubern Union und SPD teilweise neue Karten hervor. So bringt die Union eine neue Idee zur Liquiditätsbesteuerung ins Spiel. Das hören wir am Rande einer Veranstaltung des DIHK. Demnach könnte für die vorhandene Liquidität eine ähnliche Regelung gefunden werden, wie es sie jetzt schon bei der Reinvestitionsrücklage gibt. Verkauft ein Unternehmer bestimmte Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, kann er einen Gewinn in einer solche Rücklage einstellen und so die Besteuerung verzögern oder sogar vermeiden. Dafür muss er den Gewinn binnen vier Jahren in anderes Anlagevermögen investieren.
Die neue Idee der Liquiditätsbesteuerung würde Unternehmen große Gestaltungsspielräume eröffnen. Denn die Investition von Liquidität innerhalb einer bestimmten Frist nach dem Erbfall könnte eine Umdefinition des Vermögen zur Folge haben. Aus Liquidität würde dann durch die Investition betriebsnotwendiges Vermögen. Das würde eine geringere Erbschaftsteuer nach sich ziehen. Beispiel: Ein Unternehmenserbe hat Kapital auf einem Konto liegen und will davon ein Grundstück für die Firma kaufen. Der dafür nötige Betrag würde dann als betriebsnotwendig erachtet werden.
Ob diese Idee konsensfähig ist, bleibt noch abzuwarten. Von Fachanwälten hören wir aber, dass dies eine völlig neue Verhandlungsposition ist. Diese ist bisher auch noch von keiner Seite diskutiert worden. Außerdem sei verfassungsrechtlich bedenklich, ob diese Idee im Vermittlungsausschuss aufgegriffen werden kann. Denn sie ist bisher nicht in den zur Entscheidung vorgelegten Dokumenten enthalten.
Neben dieser neuen Idee beharrt die Union auch auf der bisher angestrebten Reinvestitionsklausel. Der CDU-Berichterstatter im Finanzauschuss, Freiherr Christian von Stetten, betont gegenüber FUCHS: „Ohne diese ist eine Neufassung der Erbschaftsteuer für die CDU nicht vorstellbar.“ Der Union ginge es aber nicht allein um die Bewertung von Investitionen, sondern grundsätzlich auch um die längerfristige Mittelverwendung in Unternehmen. Das betrifft beispielsweise Unternehmen, die ein stark zyklisches Geschäft haben (Saisonbetrieb). Je nach Zeitpunkt eines Erbfalles kann es bei diesen gravierende zeitliche Bewertungsunterschiede geben. Auch die SPD rechnet gänzlich neue Besteuerungsmodelle durch.
Fazit: Ein Beschluss im Bundesrat ist nicht mehr wie geplant im November machbar. Der Bundestag sollte das Gesetz im Dezember beschließen. Auch das ist innerhalb der regulären Beratungsfristen nicht mehr zu schaffen. Zwar werden 98% aller Unternehmen nicht von den Änderungen betroffen sein (laut Finanzministerium). Bevor aber Klarheit und Planungssicherheit herrschen, wird wohl noch einige Zeit gepokert.