Gut, aber ein wenig glanzlos
Der Start: Gewöhnungsbedürftig
Noch nie haben wir bei Kontakten mit dem Private Banking von Banken erlebt, dass das erste telefonische Vorgespräch praktisch ausfällt. Normalerweise, so kennen wir es zumindest, werden hier die wichtigsten Daten erhoben, um das Vor-Ort-Gespräch gut vorzubereiten. In diesem Fall nicht. Bei der BW-Bank übernimmt das erste persönliche Gespräch diese Funktion, so dass ein zweites beinahe unabdingbar wird. Ein Vorteil dieses Vorgehens erschließt sich uns nicht, der Nachteil ist, dass man als Kunde ein zweites Mal im Institut zu erscheinen hat. Gewöhnungsbedürftig!
Der Kunde und sein Anliegen
Unsere Oma ist letzte Woche 90 Jahre alt geworden und hat vor Jahren für uns eine Lebensversicherung abgeschlossen, die nun fällig wird. Dass wir Begünstigter sind freut uns natürlich sehr und wir sind Oma sehr dankbar. Die genaue Summe ist noch unklar, da wir noch nicht persönlich mit Oma sprechen konnten Wir wissen nur, dass es sich um einen Betrag zwischen 500.000 und 750.000 Euro handelt. Und, dass nach ihrem Ableben erneut ein ähnlicher Betrag fließen könnte.
Beide Summen sollen angelegt werden, da wir über genügend finanzielle Mittel aus laufenden Einkünften verfügen. Daher sind wir grundsätzlich an einer Vermögensverwaltung interessiert, obwohl wir uns auch schon mit ETFs befasst haben, wo es ja keine Verwaltung gibt. Wir möchten daher herausfinden, ob die Bank unser Musterdepot bei justETF schlagen kann oder nicht.
Das erste Gespräch mit den Beratern vor Ort
Wir rufen die im Internet angegebene Telefonnummer in Karlsruhe an und werden umgehend und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es bei einer solchen Summe notwendig sei ein persönliches Gespräch zu führen. Das leuchtet uns zwar ein, wir empfinden es dennoch als Manko, dass am Telefon gar keine Informationen ausgetauscht werden. Sonst hätte man sich vielleicht das zweite Gespräch sparen können. Da es also praktisch kein Erstgespräch am Telefon gibt, schildern wir im Folgenden gleich das erste Vor-Ort-Gespräch schildern, bei dem die grundlegenden Informationen ausgetauscht werden.
Das Gebäude, in dem die BW Bank residiert, finden wir inmitten der Karlsruher Innenstadt. Wir betreten einen Altbau mit sehr hohen Decken. Wir durchqueren den Selbstbedienungsbereich und gelangen zu den Bankschaltern. Die Mitarbeiter sind sehr freundlich und können sich sogar an unseren Anruf erinnern. Kurze Zeit darauf holt uns der Berater ab und führt uns in den ersten Stock, wo sich die Büros befinden. Im Büro des Beraters angekommen bekommen wir einen Kaffee serviert.
Erste Informationen werden ausgetauscht
Zunächst ergehen wir uns ein wenig in Smalltalk. Es geht um die – französisch gefärbte –Herkunft und Aussprache des Namens des Beraters sowie um unseren und seinen Berufsalltag. Der Berater wirkt gepflegt und zeigt sich gut in der Lage das Gespräch zu steuern sowie auf unsere Fragen und Antworten einzugehen.
Nach einer kurzen Vorstellung der BW-Bank durch den Berater steigt er sofort ins Thema Vermögensanlage ein und erklärt uns die wichtigsten Parameter. Danach fragt er die grundlegenden Informationen zu uns ab, wie unsere finanziellen Verhältnisse, welche Ziele wir verfolgen und ob wir bereits Geldanlage betreiben und wenn ja, welche Produkte uns bereits bekannt sind.
Risikoanalyse anhand Fragenkatalog
Wir schildern unsere Geschichte, wobei der Berater tiefergehende Fragen stellt. Dabei stellt sich heraus, dass es aufgrund unserer doppelten Staatsbürgerschaft – deutsch und US-amerikanisch – mit Blick auf das US-Steuergesetz FATCA einige zusätzliche Dinge bei der Eröffnung eines Depots zu beachten sind. Letztlich, erfahren wir weiter, gibt es jedoch keine wesentlichen Einschränkungen.
Schließlich geht der Berater vertieft auf unsere Erfahrungen mit Anlagen ein und beurteilt auf Basis eines Fragenkatalogs unseren Risikotypen. Insgesamt erleben wir ein sehr offenes und lockeres Erstgespräch, das von der notwendigen Professionalität geprägt ist. Im Anschluss vereinbaren wir mit dem Berater einen Termin für ein Zweitgespräch, bei dem der konkrete Anlagevorschlag vorgestellt werden soll. Der Berater weißt auf unsere Anfrage ausdrücklich darauf hin, dass der Vorschlag aus rechtlichen Gründen nicht per Mail übersendet werden kann.
Eine Zusammenfassung des Gesprächs stellt uns der Berater in Form des während des Termins ausgefüllten Fragebogens zur Verfügung. Zudem übergibt er uns Broschüren und weiteres Informationsmaterial zu verschiedenen Anlagen in Papierform.
Das Zweitgespräch
Wir starten in das zweite Gespräch erneut mit einer kleinen Runde Smalltalk, in der es um unsere Arbeit und den bevorstehenden Urlaub des Beraters geht. Er hat den ausgearbeiteten Anlagevorschlag dabei, den wir im Folgenden durchsprechen. Es werden zunächst die verschiedenen Anlageprodukte vorgestellt und beleuchtet. Die vorgeschlagene Verteilung des Vermögens auf Basis des Risikoprofils – risikofreudig, d.h. Stufe 4 von 5 – gestaltet sich wie folgt: 30% Aktien Europa, 20% Aktien International, 12,5% offene Immobilienfonds, 27,5% Rentenersatz sowie 10% Liquidität (für Schenkungssteuer).
Im konkreten Anlagevorschlag liegt die Verteilung jedoch leicht anders. Dort finden wir einen deutlich höheren Anteil als oben beschrieben an offenen Immobilienfonds mit geringen Renditen. Bei den Aktienfonds handelt es sich zum einen um (mittelbare) Investitionen in europäische Unternehmen der „vierten industriellen Revolution" (Industrie 4.0) und zum anderen um asiatische Unternehmen. Entgegen der ursprünglichen Übersicht beträgt die vorgeschlagene Gewichtung der Aktien Europa und international 50:50.
Diskrepanz zwischen Risikoprofil und Vorschlag
Insgesamt enthält das vorgeschlagene Portfolio auf Basis der Nominalbeträge nur 36% Aktien (also Europa und Asien je 18%). Gleichwohl handelt es sich meines Erachtens um eine verhältnismäßig risikoreiche Strategie, da in den historischen Daten hohe Renditeschwankungen enthalten sind. Zudem wird das Risiko-Ertragsprofil in den wesentlichen Anlegerinformationen jeweils mit 6 von 7 eingestuft.
Möglicherweise ist die Gewichtung aus diesem Grund etwas moderater, was aber nicht erklärt wird. Da wir diesen Sachverhalt nicht sofort, sondern erst im Nachgang verstehen, können wir vor Ort keine Fragen dazu stellen. Zudem wird noch vorgeschlagen über die Vermögensanlage hinaus eine Rentenversicherung zur Altersvorsorge (Allianz Basisrente Perspektive) abzuschließen und in diese pro Monat 800 Euro einzuzahlen sowie zur zusätzlichen Absicherung der Arbeitskraft eine Berufsunfähigkeitsversicherung in Höhe von 10 Euro pro Monat abzuschließen.
Kosten-Rendite-Verhältnis eher durchschnittlich
Die laufenden Gebühren für jedes vorgeschlagene Produkt erläutert der Berater detailliert. Sie betragen zwischen 0,65% (Immobilienfonds) und 1,5% (Aktienfonds). Auch der Ausgabeaufschlag wird für jedes Produkt erklärt. Die Kosten scheinen moderat zu sein im Vergleich zu den anderen Anbietern, wobei die Ertragschancen vergleichbar sind. Im Vergleich zu den geringen Kosten bei justETF und deren vergleichbare Ertragschancen sind sie jedoch eher als durchschnittlich einzustufen.
Eine Protokollierung des Gesprochenen erfolgt nicht.
Beratung gut für Anfänger
Insbesondere für wenig erfahrene Anleger scheint die ganzheitliche Beratung durch die BW-Bank im Vergleich zu justETF einen echten Mehrwert zu besitzen. Vor allem, weil es außer um die reine Kapitalanlage auch um die persönliche Situation des Kunden geht und Verständnisfragen direkt beantworten werden können. Zudem erscheinen uns die Anlagemöglichkeiten vielfältiger, da sie nicht ausschließlich indexbasiert sein müssen und besser auf die Bedürfnisse des unerfahrenen Anlegers eingehen.
Ein gutes Gefühl hinterlässt auch der Umstand, dass relativ viel Zeit investiert wird, um den Anlagevorschlag vorzubereiten. Zwar sind wir in der Zeitfrage etwas ambivalent, doch wenn wir an die hohe Summe denken, die es anzulegen gilt, wissen wir nicht genau, ob wir diese einem Robo Advisor anvertrauen und in ETFs investieren, die die Maschine vorschlägt. Zumindest für eine Laien ist diese Frage bedenkenswert. Für erfahrene Anleger erscheint dieses Kriterium dagegen weniger relevant.
Vorteil Individualität nicht ausgenutzt
In Bezug auf das Verhältnis von Renditeerwartungen zu Kosten kann die BW-Bank in jedem Fall nicht mit justETF mithalten. Dies basiert insbesondere auf den deutlich höheren Kosten – bei justETF fallen nur Kosten von 0,3% inkl. MwSt. an –, bei vergleichbaren Renditeerwartungen. Insgesamt erscheint uns die justETF-Variante aufgrund der Rendite nach Abzug der Kosten für erfahrene Anleger besser geeignet.
Aufgrund der Ganzheitlichkeit schafft eine Beratung durch die BW-Bank insbesondere für unerfahrene Anleger, aber auch für solche, die über eine geringe bis mittlere Erfahrung verfügen und sich über weitere Anlagemöglichkeiten informieren wollen, grundsätzlich einen Mehrwert gegenüber dem Robo-Advisor. Da in unserem Fall der Anlagevorschlag aber nicht entsprechend unserem Profil erstellt wird, bleibt fraglich, ob die Beratung tatsächlich einen Mehrwert erzeugt, da die Individualität und das Eingehen auf die Kundenwünsche ein wenig auf der Strecke bleiben.
Die Betreuung nach dem Gespräch
Die Nachbetreuung empfinden wir als sehr gut. Der Berater stellt Rückfragen bzw. beantwortet unsere Rückfragen zügig, meist per Mail.
Der Anlagevorschlag aus der Sicht des Kunden
Der Anlagevorschlag ist übersichtlich und vollständig. Gleichwohl wird uns nicht klar, aus welchem Grund die vorgeschlagene Gewichtung der Anlageprodukte anders ausfällt als die, die aus unserem Risikoprofil resultiert. Aus unserer Laiensicht ist der Anlagevorschlag daher etwas zu konservativ und enthält zu viele Renten und Immobilienfonds. Zudem würden wir uns eine Übersicht des Gesamtportfolios und der daraus resultieren Gesamtkosten sowie prognostizierten Gesamtrenditen wünschen. Positiv anzumerken ist, dass uns über den eigentlichen Anlagevorschlag hinaus noch andere Produkte angeboten werden, so dass der der Fokus nicht ausschließlich auf den Vermögensaufbaus gelegt wird.
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MEHR INFORMATIONEN ZU TOPS 2020
Vermögende wollen gut beraten werden. Ebenso wichtig ist aber, dass das anvertraute Kapital solide verwaltet und vermehrt wird. Der Markt der Vermögensverwaltung ist intransparent. Getreu unserem Motto „Wir machen Qualität transparent" verfolgt das Performanceprojekt der Private Banking Prüfinstanz genau dieses Ziel.
Die BW-Bank nimmt derzeit nicht aktiv einem der laufenden Performance-Projekte der FUCHS | RICHTER PRÜFINSTANZ teil.
Stand: Juni 2020
Gibt es Verfahren oder Streitigkeiten mit Kunden?
Momentan liegen dem regelmäßigen Monitoring der FUCHS | RICHTER PRÜFINSTANZ keine Angaben der BW-Bank vor.
Hier gelangen Sie zu den bisherigen MARKTTESTS der BW-Bank.
Sie haben Anmerkungen zu diesem Thema? Kontaktieren Sie unsere Redaktion jetzt über redaktion@fuchsbriefe.de – wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung!
Mehr erfahren zum Rating TOPs 2020
- Worum es beim Vermögensmanager-Rating geht
- Der Fall
- Wie wir werten
- Das Auswahlverfahren
Adresse der Hauptniederlassung / Webseite
BW-Bank - Baden-Württembergische Bank, Friedrichsplatz 1-3, 76133 Karlsruhe, Deutschland
www.bw-bank.de
Fazit
Die Beratung während zweier Vor-Ort-Gespräche ist gut; allerdings stören uns ein paar Randerscheinungen. Dazu zählt, dass es praktisch kein Erstgespräch am Telefon gibt und wir entsprechend zu zwei persönlichen Gesprächen erscheinen müssen. Auch, dass die Diskrepanz zwischen unserer Risikobereitschaft und dem Anlagevorschlag unerklärt bleibt und es keine Aufstellungen zu den Gesamtkosten bzw. zur Gesamtrendite gibt, sorgt bei uns ein wenig für Missstimmung. Trotzdem ist das Gesamturteil gut.
HINWEIS: Dieses Bankenporträt beruht auf den Eindrücken aus einem individuellen Erstberatungsgespräch, das ein zuvor geschulter Testkunde durchgeführt hat. Die wiedergegebenen Eindrücke wurden während des Gesprächs oder unmittelbar danach schriftlich protokolliert. Subjektive Wahrnehmungen lassen sich nicht ausschließen. Der Testkunde hat sich zur Neutralität gegenüber dem getesteten Institut verpflichtet. Die Bewertung wurde nach einem festen Schema vorgenommen, das die Private Banking Prüfinstanz erstellt hat. Es beruht auf der jahrelangen – wissenschaftlich untermauerten – Beschäftigung mit dem Thema Beratungsqualität im Private Banking durch die Private Banking Prüfinstanz, Dr. Richter | IQF und Ralf Vielhaber | Verlag FUCHSBRIEFE.